Notizen zu dieser Person
Verehrter lieber Neffe,
die überaus freundliche Karte zum 70en Geburtstages meines Mannes hat unssehr erfreut und heute sagt mein kranker Mann durch mich herzlichen Dankdafür. Es war uns eine sehr angenehme Überraschung, auch von den liebenfernen, uns leider immer noch unbekannten Verwandten, einen Segenswunschzu empfangen. - In Gesundheit und Tätigkeit, sehr irdische Güter, konntenwir schmecken, wie freundlich Gott der Herr ist.
Zum Jahreswechsel hatte sich Onkel Jösting vorgenommen, dem lieben Neffenselbst zu schreiben. Doch durch angehäufte ärztliche Pflichten, wurde dieerste Woche zu knapp. Und nun hat mein armer Mann vor einigen Tagen dasUnglück gehabt, auf unserem Hof bei Glätte zu fallen. Dadurch sind nunwohl innere Teile stark erschüttert, er fiel auf den Rücken, hatte lichtin der Hand und so gar keine Stützen, sodaß sofort sehr heftige Schmerzenin der rechten Seite entstanden. Gott Lob ist kein Rippenbruch zu findenwie mehrere Ärzte aussagen und auch die Lunge unbeschwert, aber jedeBewegung sehr schmerzhaft. So soll es wohl noch einige Zeit dauern, ehedie erschütterten Nerven wieder zur Ruhe kommen, was für Onkel'sArbeitslust, schwer zu ertragen ist. Die Aussage der Ärzte sind bei demgroßen Leid und Schreck für uns ein hoffnungsvoller Blick und Gott Lobund Dank, daß wir die Besserung im Auge sehen. Unser ?Fehling? erzähltuns immer so viel, wie gütig und freundlich die Vettern bei PastorJösting für ihn sind. Wann kommt ihr denn mal zu uns und in die ersteHeimat? Ihre vortreffliche Mutter selig, die fromme Auguste war meineliebste Schwester. Wir haben uns sehr nahe gestanden, sind nun von Euchgetrennt. Unser Haus uns unsere Herzen sind täglich offen für Verwandteund Freunde, so bitten wir denn sehr uns im Sommer mal zu besuchen. Wirsind alt und zu lange damit warten dürft Ihr nicht mehr. Die Bilder vonden Großeltern hat Clärchen in Halle. An die müsstet Ihr Euch wohlwenden. Wir haben zwar kein Bild derselben. Gertrud in Wernigerode istein Muster christlicher Geduld und Liebe. Aber sehr Unterleib- undMagenleidend. Von den übrigen hören wir nichts, trotzdem wir nie etwasmiteinander in Uneinigkeit waren. Was sie fern hält ist unsunverständlich. Wenn Pastor Jösting mal herkommt wollen wir ?Wagners?zusammen besuchen. Also recht baldige Zusage dazu. So Gott will inGesundheit und Frieden. Onkel und Agnes grüßen mit mir aufs herzlichstedie lieben unbekannten Verwandten.
In treuer Liebe und Dankbarkeit
Tante Aline Jösting
Halberstadt den 14 Januar 1886
Katharina
Jahn-Busch
