Notizen zu dieser Person
Hückstädt, Arnold
Friederike Ernestine Scheven geb. Boll (1842-1908). Stationen ihres Lebens und autobiografische Beschreibungen ihrer Neuhrandenhurger Kindheit
Friederike Ernestine Scheven geb. Boll wurde am 18. Februar 1842 in Neubrandenburg geboren. Sie war das erstgeborene Kind des Pastors Franz
Christian Boll (1805-1875) und seiner Ehefrau Auguste geb. Krull (1821-1886). Zwei Geschwister starben im frühen Kindesalter. Zusammen mitihrem sieben Jahre jüngeren Bruder Franz
(1849-1879) und den Schwestern Anna (1852-1887) und Luise (1853-1925)wuchs sie im Elternhaus, dem Neubrandenburger Predigerwitwenhaus in der Großen Wollweberstraße 3, auf. Friederike hatte eine
glückliche Kindheit, von der Mutter umsorgt und behütet, vom Vater unendlich verwöhnt. Als die Geschwister die Familie vergrößerten, musstesie die Rechte mit den Kleinen teilen und hatte nunmehr manche Pflichten zu erfüllen.
Friederike war ein ungewöhnlich begabtes Kind. Bei der Mutter hatte sie früh bereits das Lesen gelernt. Dem Vater oblag, seine Tochter in allen wichtigen Fächern selbst zu unterrichten. Er unterwies sie in lateinischer und französischer Sprache, im Rechnen und in Geschichte. Beim Bruder des Vaters, dem von ihr hochverehrten Onkel Ernst (1817-1868), hatte sie Unterricht in Geographie, Mythologie und Literatur und, sehr zu ihrer Freude, auch im Zeichnen und Malen. Außerordentlich förderlich für die heranwachsende, nach Bildung
strebende Friederike war die anregende geistige Atmosphäre, die in ihrem Eltern-haus herrschte. Dazu trugen in erster Linie
die Herren des Hauses, also Friederikes Vater und der Onkel Ernst,aber auch deren häufig einkehrenden Gäste bei, zu denen sowohl Vertreter der Wissenschaft, insbesondere der Geologie, Biologie und Landeskunde, gehörten als auch der Kunst, wie der Literat Fritz Reuter und derMaler Theodor Schloepke.
Franz Boll hat es verstanden, in seinen Kindern den Sinn für die Naturzu wecken und sie mit Liebe für die schönen Umgebungen Neubranden-
burgs zu erfüllen. Noch nach fünfzig Jahren schreibt Friederike voller Begeisterung in ihren Erinnerungen: Was für köstliche Spaziergänge und noch schönere Bootfahrten auf unserm herrlichen See haben wirgemacht! (...) Und wie wunderbar schön war die Heimfahrt bei Monden-schein, wenn bei jedem Ruderschlag silberne Tropfen aufsprühten und diebewaldeten Ufer in dämmernder Ferne verschwanden (siehe unten S. 30).
Wenn Friederike mitteilt, dass sie sich an der Seite ihres Vaters zu einer tüchtigen Fußgängerin entwickelt habe, dann will glaubhaft erscheinen, was Abraham Römer 1896 in seinem Reuterbuch geschrieben hat: Frau Dr. Scheven, eine Tochter des mit Fritz Reuter einst innig befreundeten Pastors Franz Boll, erzählte mir von einem