Ludwig IX. VON FRANKREICH

Ludwig IX. VON FRANKREICH

Eigenschaften

Art Wert Datum Ort Quellenangaben
Name Ludwig IX. VON FRANKREICH
Beruf König von Frankreich

Ereignisse

Art Datum Ort Quellenangaben
Geburt 25. April 1214 Château de Poissy nach diesem Ort suchen
Tod 25. August 1270 Karthago, TUN nach diesem Ort suchen
Heirat 21. Mai 1234 Lens, Nord-Pas-de-Calais, France nach diesem Ort suchen

Ehepartner und Kinder

Heirat Ehepartner Kinder
21. Mai 1234
Lens, Nord-Pas-de-Calais, France
Margarete DE PROVENCE

Notizen zu dieser Person

Ludwig IX. von Frankreich, genannt Ludwig der Heilige in Frankreich Saint Louis (* 25. April 1214 in Poissy, vermutlich auf der Burg Poissy; † 25. August 1270 in Karthago), war von 1226bis 1270 König von Frankreich aus der Dynastie der Kapetinger.

Der heilige Ludwig zählt zu den bedeutenden europäischen Monarchen des Mittelalters. Seine Herrschaft blieb in Frankreich als ein goldenes Zeitalter (le siècle d’or de St Louis) in Erinnerung, in dem das Land einen ökonomischen wie auch politischen Höhepunkt erreichte. Er war Anführer zweier Kreuzzüge und wurde Seit dem Tod Kaiser Friedrichs II. von Hohenstaufen unter den europäischen Herrschern als primus inter pares angesehen, dessen moralische Integrität ihn zu einem Schiedsrichterihrer Streitigkeiten erhob.

Ludwig war einer tiefen christlichen Frömmigkeit (amour de Dieu) verpflichtet, nach der er sein Handeln als Mensch und König ausrichtete. In mittelalterlichen Königslisten wurde Ludwigauch mit dem Beinamen „Prud'homme“ genannt, in Anspielung aufseine Lebensführung, die der sogenannten prud'homie entsprach, wobei es sich um eine Mischung aus Mäßigung, Vernunft, Tapferkeit und ritterlicher Höflichkeit handelte.[1] von Zeitgenossen gelegentlich auch als „Mönchskönig“ getadelt, gelangte er bereits zu Lebzeiten in den Ruf der Heiligkeit, der mit seiner Heiligsprechung 1297 auch von Der katholischen Kirche anerkannt wurde. Seither gilt Ludwig als Idealtypus eines christlichen Herrschers. Sein Gedenktag ist zugleich sein Todestag,der 25. August

Ludwig war ein Sohn des Königs Ludwig VIII. dem Löwen († 1226) und dessen Gemahlin Blanka von Kastilien († 1252). Sein älterer Bruder Philipp starb überraschend 1219, wodurch Ludwig zum designierten Erben des Thrones aufrückte. Seine jüngeren Geschwister waren Robert von Artois (* 1216; † 1250), Johann Tristan (* 1219; † 1232), Alfons von Poitiers (* 1220; † 1271), PhilippDagobert (* 1222; † 1232), Isabella von Longchamp (* 1224; † 1270) und Karl von Anjou (* 1226; † 1285).

Ludwig wurde Im Jahr der Schlacht bei Bouvines geboren, in welcher sein Großvater Philipp II. August über ein englisch-welfisches Heer siegte und den Aufstieg des französischen Königtums zur vorherrschenden Macht Westeuropas begründete. LudwigsVater war als Prinz selber im Kampf gegen die Plantagenets engagiert und besetzte zeitweise den größten Teil Englands. In Asien begann zur selben Zeit Dschingis Khan den Eroberungszug der Mongolen, der bald auch China und Europa ergriff. Von 1217 bis 1221 führten französische Ritter unter der Führung des päpstlichen Legaten Pelagius einen Kreuzzug gegen Ägypten, der allerdings nach der Einnahme der Hafenstadt Damiette scheiterte. Unter dem Eindruck eines allgemein steigenden ökonomischen Wohlstandes im Abendland flaute allerdings die Kreuzzugsbegeisterung der Ritterschaft immer weiter ab. Dieser Wohlstand hatte auch die römische Kirche ergriffen, die sich immer tiefer in weltliche Machtkämpfe verstrickte. Diese Entwicklung rief die von Dominikus und Franz von Assisi angestoßene Armutsbewegung hervor, welche die Christenheit zu einer inneren geistigen Erneuerung aufrief.Ebenfalls in dieser Zeit fand in Südfrankreich der so genannte Albigenserkreuzzug statt, der die Bekämpfung der als häretisch eingestuften Sekte der Katharer und deren Unterstützer zum Ziel hatte. Nach anfänglichen Erfolgen gerieten dort die Kreuzfahrer nach dem Tod ihres Anführers Simon IV. de Montfort in die Defensive. 1226 führte LudwigsVater selber einen Kreuzzug in den Süden an, der den Anfang zur Unterwerfung dieser Region durch die französische Krone markierte. Auf diesem Kreuzzug starb der Vater nach einer Ruhrerkrankung am8. November 1226 in Montpensier.

Ludwig wurde Am 29. November 1226 in Reims durch den Bischof von Soissons, Jacques de Bazoches, zum König gesalbt und gekrönt. Auf eine traditionelle Weihe durch den Erzbischof von Reims musste verzichtet werden, da seit dem Tod des ErzbischofsGuillaume de Joinville vier Monate zuvor dieses Kirchenamt noch vakant war. Der neue König war erst zwölf Jahre alt, was das Königtum in eine kritische Situation führte. Denn der Lehnsadel Frankreichs hatte unter der Herrschaft von Ludwigs Großvater und Vater erheblich an Macht verloren, weshalb sich bereits unter seinem Vater eine breite Opposition der Vasallen gegen die Krone gebildet hatte. In der Frage der Vormund- und Regentschaft für den jungen König versuchte nun diese Opposition, ihreInteressen und Positionen gegenüber der Krone zu stärken, indem sie die Rechtmäßigkeit der Regierungsübernahme durch Ludwigs Mutter, als Frau und zudem Landesfremde, bestritten.

Die maßgeblichen Köpfe der Opposition waren Peter Mauclerc, Hugo X. von Lusignan und Graf Theobald IV. von Champagne, die der Krönung Ludwigs demonstrativ fernblieben und damit ihre Revolte offen begannen. Königin Blanche aber ging die Niederwerfung der Barone entschlossen an und fand dabei besonders im Klerus und dem päpstlichen Legaten Romano Frangipani einen Rückhalt. Zunächst schuf sie sich Verbündete, indem sie den seit Bouvines gefangengehaltenen Grafen Ferrand von Flandern freiließ und ihn wieder in seinem Lehen einsetzte. Einen weiteren potentiellenUnruhefaktor schaltete sie in der Person des Philipp Hurepel aus, eines Halbbruders König Ludwigs VIII. und der Kandidat der Barone auf die Regentschaft, der jedoch keinenbesonders ausgeprägten Ehrgeiz besaß. Blanche stellte ihn ruhig, indem sie ihm die Nachfolge seines in königlicher Haft verstorbenen Schwiegervaters in der Grafschaft Boulogne erleichterte. Einen bedeutenden Erfolg gegen die Barone konnte Blanche bei einer Unterhandlung mit ihnen bei Curçay (Januar 1227) erreichen, indem es ihr durch eine geschickte Verhandlungsführung gelang, den Grafen Theobald von Champagne zu einem Seitenwechsel zu bewegen. Die Partei der Barone wurde Dadurch so empfindlich geschwächt, dass sie sich im März 1227 in Vendôme genötigt sah, sich der Regentin zu unterwerfen.

Der Kampf sollte allerdings weitergehen, nachdem Peter Mauclerc im Herbst 1227 den Versuch unternahm, sich in Montlhéry der Person des Königs zu bemächtigen. Nur ein rechtzeitiger Entsatzder Regentin konnte ihn davon Abhalten. Die militärischenAktionen der Barone verlagerten sich in die Champagne, deren Graf sich als stärkste Stütze der königlichen Sache erwies. Zudem gelang es ihnen, Philipp Hurepel in ihr Lager zu ziehen. Dennoch neigte sich der Kampf zunehmend zugunsten der Krone,besonders nachdem Peter Mauclerc im Oktober 1229 dem englischen König gehuldigt und diesen dazu eingeladen hatte, in Frankreich zu landen. Damit hatte sich Mauclerc der Felonie schuldig gemacht, worauf mehrerer seiner Anhänger, besonders Hugo von Lusignan, auf die Seite Ludwigs und seiner Mutter übergingen. Im Frühjahr 1228 führte Ludwig persönlich ein Heer gegen die Burg Bellême und zog anschließend in die Champagne, wo er erfolgreich den Grafen Theobald gegen dessen Feinde Unterstützte. Ludwig nahm hier trotz seiner Unmündigkeit erstmals Aufgaben eines militärischen Führers war, denn die Schwertleite hatte er schon wenige Tage vor seiner Krönung in Soissons erhalten. 1230 zog Ludwig in die Bretagne, wo er mehrere Burgen einnahm. Als sich ihm Clisson ergab, kapitulierte auch Mauclerc, womit der Aufstand der Barone sein Ende Fand. Der König von England zog sich kampflos in sein Königreich zurück.

Die Regentin konnte sich gegen ihre Gegner behaupten und damit das Erbe ihres Mannes für ihren Sohn bewahren. Daneben gelang ihr mit der Aushandlung des Vertrages von Meaux-Paris 1229 auch ein bedeutender diplomatischer Erfolg, der den Albigenserkreuzzug formell beendete und die Unterwerfung des Languedoc unter die Hoheit der Krone besiegelte. Dynastisch wurde Dieser Vertrag durch die Verlobung des Prinzen Alfons mit der Erbin der Grafschaft Toulouse abgesichert. Durch ihr Verhandlungsgeschick mit Papst Gregor IX. erreichte Ludwigs Mutter im Februar 1234 auch die Erteilung einer notwendigen Dispens für seine Vermählung mit Margarete von Der Provence (eine Cousine vierten Grades), der ältesten Tochter des Grafen Raimund Berengar V. von Der Provence und der Beatrix von Savoyen. Die Heirat fand am 27. Mai 1234 in der Kathedrale Saint-Étienne in Sens statt.

Ein Jahr nach seiner Hochzeit erreichte Ludwig mit seinem einundzwanzigsten Lebensjahr die Mündigkeit und übernahm offiziell die Regierung. Dennoch sollte seine Mutter ihm weiterhin biszuihrem Tod beratend zur Seite stehen. Zu den bedeutendstenHandlungen Ludwigs in dieser Zeit zählen die Belehnungen seiner jüngeren Brüder mit großen Apanagen, die noch von Ihrem Vater testamentarisch verfügt worden waren. Robert erhielt 1237 das Artois, Alfons 1241 das Poitou und Saintonge, sowie Karl1246 das Anjou und Maine. Formell bedeutete dies den Verlust bedeutenderTerritorien für die Krondomäne, doch wurde Dafür gesorgt, dass wichtige königliche Vorrechte in diesen Lehen, besonders in der Justiz- und Verwaltungshoheit, bestehen blieben.

Eine kritische Situation, welche noch einmal Ludwigs Königtum in Gefahr brachte, entstand 1242. Ihr Anstoß kam dieses Mal von Außen, von König Heinrich III. von England (Ludwigs Schwager), der den Versuch unternahm, die im Jahr 1204 konfiszierten Territorien seiner Plantagenet-Familie (Anjou, Maine, Poitou, Normandie u. a.) zurückzuerobern. Diese Offensive versuchten erneut einige französische Fürsten zu ihrem eigenen Vorteil zu nutzen, indem sie ein Bündnis mit dem englischen König eingingen. Namentlich waren dies vor allem Hugo von Lusignan (Stiefvater Heinrichs III. von England) und Graf Raimund VII. von Toulouse (Cousin Heinrichs III. von England, Schwiegersohn Hugos von Lusignan und Schwiegervater des Prinzen Alfons). Der Konflikt hattesich besonders an der Belehnung des Prinzen Alfons mit Territorien entzündet, die ehemals den Plantagenets gehörten und auf die sie immer noch einen Anspruch erhoben. Die Mutter des englischen Königs (und Ehefrau des Lusignan), Isabella von Angoulême, hatte auf eine Belehnung ihres Sohnes Richard von Cornwall gehofft und vermittelte anschließend nach deren Ausbleiben tatkräftig diese Allianz ihrer Verwandtschaft.

Im April 1242 zog Ludwig bei Chinon ein Heer zusammen, an dessen Spitze er und Alfons in die Saintonge marschierte, wo am 13. Mai der englische König bei Royan landete. Nachdem am 16. Juni erste Unterhandlungen zwischen beiden Monarchen gescheitert waren, erklärte drei Tage später König Heinrich seinem französischen Schwager den Krieg. Ein Vordringen des englischen Heeres wurde Aber von Sire Geoffroy de Rançon verhindert, der auf seiner Burg von Taillebourg den englischen König durch vermeintliche Bündnisverhandlungen aufhielt. Dies ermöglichte Ludwig, das Heer seines Feindes am 21. Juli dort zu überraschen und in die Flucht zu schlagen. Ein erneutes Treffen zwei Tage darauf vor Saintes konnte Ludwig ebenfalls für sich entscheiden, worauf sich ihm der aufständische Adel ergab. Heinrich III. von England floh unter Zurücklassung seiner Habe in die Gascogne, von Wo aus er eine Seeblockade Gegen La Rochelle organisierte. Nachdem ihm aber Kaiser Friedrich II. ein Bündnisausschlug, gab er den Kampf auf und zog sich nach England zurück. Beide Monarchen vereinbarten einen fünfjährigen Waffenstillstand, der zuerst durch Ludwigs ersten Kreuzzug und anschließend 1254 um weitere fünf Jahre verlängert wurde. Insgesamtleitete das Ende Des so genannten Saintonge-Krieges eine über 40 Jahre währende Friedenszeit in Frankreich ein.

Auch der Aufstand im Süden wurde Schnell niedergeschlagen, nachdem der Graf von Toulouse angesichts zweier großer königlicher Heere die Waffen niederlegte. Im Vertrag von Lorris (Frühjahr1243) erkannten er und andere Fürsten des Südens die Bestimmungen von Meaux-Paris erneut an und verpflichteten sich zu weiteren Zugeständnissen. Der letzte militärische Widerstandwurde Mit der Einnahme der Ketzerfeste Montségur (März 1244) gebrochen.

Während seines Feldzuges in die Saintonge erlitt Ludwig erstmals eine Malariaerkrankung, die ihn 1244 erneut befiel. Die Krankheit verlief problematisch, sogar ein Tod des Königs wurde Befürchtet. In seiner frommen Natur gelobte er Gott, einen Kreuzzug führen zu wollen, falls er die Krankheit überleben sollte. Den Wunsch, in das Heilige Land zu ziehen, hatte Ludwig schon lange zuvor gehegt, obwohl zu seiner Zeit die Kritik am Sinn solcher Unternehmungen bereits laut ausgebrochen war. Bereits 1239 hatte er den Kreuzzug des Grafen Theobald von Champagne (auchKönig von Navarra) finanziell unterstützt und ihm sogar königliche Würden verliehen, indem er die Erlaubnis zur Mitführung des königlichen Lilienbanners erteilte. Dieser Kreuzzug erbrachte trotz vieler Schwierigkeiten bis 1241 erhebliche Gebietsgewinne von Den im Bürgerkrieg befindlichen Ayyubiden. Allerdings ging ein Großteil der Erwerbungen schon 1244 wiederverloren und die Niederlage in der Schlacht von La Forbie brachte die Kreuzfahrerstaaten in arge Bedrängnis. Deshalb erachtete Ludwig einen Zug nach Outremer nun für seine dringlichste Pflicht.

Nach seiner doch erlangten Genesung nahm Ludwig schließlich die Vorbereitungen zu einer bewaffneten Pilgerfahrt auf. von Papst Innozenz IV. erreichte er 1245 die Bestätigung seines Gelübdes, womit der Kreuzzug auch offiziell sanktioniert wurde.Da ihm die Nutzung italienischer Häfen durch den Kaiser untersagt wurde, errichtete Ludwig in Aigues-Mortes einen Überseehafen, indem er den Großteil seiner Flotte sammelte, die vornehmlich von Genua und Pisa gestellt wurden. Sein ca. 50.000 Mann starkes Kreuzfahrerheer bestand überwiegend aus französischen Rittern,lediglich aus England sollte später ein kleineres Kontingent zu ihm stoßen. Am 25. August 1248 stach er und mit ihm seine Brüder Robert und Karl (Alfons sollte später nachfolgen) von Aigues-Mortes aus in See und erreichte am 17. September Zypern, wo das Heer überwinterte. Hier wurde Auch das direkte Angriffsziel Ägypten, als die stärkste muslimische Bedrohung der Christen Outremers, ausgegeben.

Anfang Juni 1249 landete das Heer an der Küste Ägyptens und nahm nach einem kurzen Kampf am Strand erfolgreich die Hafenstadt Damiette ein. Dieser Erfolg bewog Ludwig zu einem Vordringen in das Landesinnere. Dass inzwischen Sultan as-Salih verstorben war, wusste er nicht, da dessen Witwe die Todesnachricht geheim hielt. Der Weg der Kreuzfahrer nach Kairo wurde Nur von der Stadt al-Mansura aufgehalten, wo fast dreißig Jahre zuvor der Kreuzzug von Damiette gescheitert war. Für Ludwig sollte sich dies am 8. Februar 1250 als schlechtes Omen erweisen, als sich dort sein Bruder Robert von Artois zu einem eigenmächtigen Vorstoß verleiten ließ. Entgegen den Befehlen Ludwigs führte Robert mit der Vorhut des Heeres selbständig einen Angriff auf die Stadt und lief dort in eine Falle der Elitekrieger der Mameluken. Robert und nahezu die gesamte Vorhut wurden in der Stadt getötet.

Zwar wurde Wenige Tage später ein Gegenangriff der Mameluken vor der Stadt zurückgeschlagen, wobei Ludwig mit einem „deutschen Schwert“ kämpfte[2], doch das Heer war mittlerweile nicht nur so stark personell verringert, dass eine Belagerung Mansuras aussichtslos erschien. Es wurde Zudem von Einer um sich greifenden Seuche geschwächt. Nachdem der neue Sultan ein Angebot zumTausch von Damiette für Jerusalem ausgeschlagen hatte, sah Ludwig sich zu einem Rückzug gezwungen, um nicht von Seiner Basis in Damiette abgeschnitten zu werden. Dabei wurde er am 6. April mit seinem engeren Gefolge bei Fariskur von Den Mameluken überrascht und gefangengenommen. Der Kreuzzug war damit gescheitert, denn Ludwig musste nicht nur ein enormes Lösegeld (400.000 Besanten) für seine Freilassung und die seiner Gefolgsleute zahlen, sondern auch Damiette räumen. Während seiner Zeit als Gefangener wurde Die in Ägypten herrschende Ayyubiden-Dynastie nach einer blutigen Palastrevolte von Den Mameluken beseitigt. Nachdem Damiette am 6. Mai 1250 den neuen Herrschern übergeben wurde, ließen sie Ludwig frei, der sich umgehend nach Akkon begab.

Entgegen dem Drängen seiner Mutter, die in Frankreich als Regentin zurückgeblieben war, entschied sich Ludwig, so lange im heiligen Land zu bleiben, bis alle anderen Gefangenen freigekauft waren. Auch wollte er die durch die Vernichtung des Kreuzfahrerheeres von Jeder Verteidigung entblößten christlichen Besitzungen in Palästina sichern. Im sogenannten Königreich Jerusalemwurde Ludwig sofort als Herrscher anerkannt, der rechtmäßige König Konrad war hier nie erschienen und sein Regent Heinrich von Zypern legte keine Einsprüche ein. Ludwig gelang es, die Freilassung der restlichen Gefangenen zu beschleunigen, nachdem er den Mamelunken androhte, sich mit den Ayyubiden von Damaskus zu verbünden, die den Mameluken den Krieg erklärt hatten. Er bekam nicht nur seine gefangenen Kameraden wieder frei, sondern wurde Von Den Mameluken auch mit einem Elefanten und einem Zebra beschenkt. Eine Einladung des Sultans von Damaskus zu einer Pilgerfahrt nach Jerusalem schlug Ludwig aber aus, da er - ähnlich wie Richard Löwenherz 60 Jahre zuvor - die Stadt nicht sehen wollte, ohne sie der Christenheit zurück erobern zu können[3]. Die Bedrohung der Christen durch die Sarazenen sollte sich in den kommenden Jahren verringern, nachdem der Sultan von Damaskus sich angesichts der neuen mongolischen Bedrohung mit den Christen auf einen Waffenstillstand einigte. Ludwig kümmerte sich danach um den Ausbau der Befestigungsanlagen von Akkon, Jaffa, Cäsarea, Haifa und anderer Burgen. 1252 regelte er einen Erbfolgestreit im Fürstentum Antiochia, trat mit den Assassinen in diplomatische Kontakte, wobei ein Bekehrungsversuch an dem „Alten vom Berge“ scheiterte[4], und übernahm nach dem Tod König Heinrichs von Zypern die Regierungsgeschäfte für dessen unmündigen Sohn Hugo II.

1253 erreichte Ludwig die Nachricht vom Tod seiner Mutter. Nachdem klar wurde, dass der König von England sein Kreuzzugsgelübde Nicht erfüllen würde, verließ er am 24. April 1254 dasheilige Land. Obwohl er beabsichtigte direkt in Aigues-Mortes französischen Boden zu betreten, ließ er sich umstimmen um am 3. Juli bei Hyères in der Provenvce, also auf Reichsgebiet, an Land zu gehen. Nachdem er dort einer Predigt des franziskanischen Spiritualen Hugo von Digne beiwohnte, erreichte er wenig später bei Beaucaire sein französisches Königreich und trafam 17. Juli 1254 in Paris ein. Sein Kreuzzug war katastrophal gescheitert. Die Befreiung Jerusalems war ebenso misslungen wie eine Schwächung der muslimischen Mächte. Die christlichenHerrschaften in Outremer verdankten ihr weiteres Überleben nur dem Auftreten der Mongolen als neuen Machtfaktor im nahen Osten. Ludwigs Gefangennahme in Ägypten hatte in seiner Heimat zudem die Bewegung der Pastorellen ausgelöst.

Während seiner Herrschaft trieb Ludwig IX. die bereits von Seinen Vorgängern begonnene Zentralisierung der Macht auf das Königtum weiter voran. Hauptziel war die Zurückdrängung der politisch und wirtschaftlich privilegierten Stellung des Lehnsadels, der sich in den vorangegangenen drei Jahrhunderten königliche Vorrechte angeeignet hatte. Schon Ludwigs Vorgänger auf dem Thron hatten administrative Kompetenzen auf ihr Amt vereint, doch war der Wirkungsbereich dieser Reformen, bedingt durch die Schwäche der frühen Kapetinger-Könige, auf die Krondomäne beschränkt geblieben. Ludwigs Vater und Großvater aber hatten durch die beständige Erweiterung der Krondomäne den König zum größten Landbesitzer und damit zum wirtschaftlich und militärisch stärksten Herren im Königreich gemacht. Dies brachte das Königtum somit in die Position, dem verbliebenen Lehnsadel seine privilegierte Stellung zu entziehen und eine königliche Höchstgewalt aufzuerlegen.

Mit der seit Ludwig VIII. einsetzenden Rückbesinnung der kapetingischen Monarchie auf die universelle Herrschaftsauffassung der Karolinger (Reditus regni Francorum ad stripem Karoli Magni) wurde Der Anspruch der Krone auf eine ungeteilte Herrschaftsgewalt im Königreich begründet. 1256 schrieb der Legist Jean de Blanot dabei seine berühmt gewordene Formel nieder, in derer dem König eine kaiserliche Höchstgewalt (imperium) über alle Einwohner seines Reiches und allein ihm die Fähigkeit der Gesetzgebung (jurisdictio generalis) zuerkannte:

Nam rex Franciae in regno suo princeps est, nam in temporalibus superiorem non recognoscit.
(Der König Frankreichs ist in seinem Königreich Kaiser, denn er anerkennt in weltlichen Fragen keinen Oberherrn.)[5]
Dieses neue Selbstverständnis hatte das Herrscherbild der französischen Könige wie keine andere Monarchie in Europa geprägt. Das französische Königtum begann nicht nur nach innen einen wichtigen Schritt in den neuzeitlichen Absolutismus, nach außen löste es sich ideologisch von Dem weltlichen Hoheitsanspruch der römisch-deutschen Kaiser.

Nach seiner Rückkehr aus dem heiligen Land widmete sich Ludwig dem Umbau der Verwaltungsstrukturen seines Hofes. Eine wichtige administrative Neuerung vollzog sich dabei in der allmählichen Bildung zentraler Behörden wie einem Hofgericht (Parlament), Rechnungshof (Cour des comptes) und einem Staatsrat (Conseil), die aus dem königlichen Rat (Curia regis) hervorgegangen sind. Zu Ludwigs Lebzeiten hatten diese Gremien noch einen eher provisorischen Charakter und sollten erst unter seinenNachfolgern fest etabliert werden. Auf juristischem Gebiet orientierte sich Ludwig in seinen Reformen im besonderen Maße auf das römische Recht zurück, das stark von Der aufkommenden Scholastik jener Zeit beeinflusst war[6]. Mittels des römischen Rechtsversuchte Ludwig, alte Rechtsnormen (Gewohnheitsrecht) sowie die Gerichtsbarkeit des Adels und des Klerus zugunsten einer königlichen Jurisdiktion (consuetudo generalis) zu ersetzen. In mehreren Ordonnanzen stärkte er die Kompetenzen königlicher Beamter (Seneschalle und Baillis) gegenüber dem Lehnsadel und schwächte dessen Gerichtsbarkeit, indem er die königlichen Appellationsgerichte für alle Untertanen zugänglich machte. Die im Dezember 1254 erlassene „große Ordonnanz zur Wiederherstellung der moralischen Ordnung“ (ex debito regiae potestatis) war Ludwigs umfangreichste Maßnahme, die in Frankreich das Rechtsprinzip einführte, wonach niemand ohne Verfahren und Urteil seines Rechts beraubt werden darf. Auch eine Trennung zwischen Zivil- und Strafgerichtsbarkeit wurde Damit erreicht. Die damit zugleich erlassenen Verbote gegen Glücksspiel (ein Verbot zur Würfelherstellung), Prostitution, Gotteslästerung und Wucher erwiesen sich allerdings als nur bedingt durchsetzungsfähig, genauso wie die 1258 erfolgte Abschaffung des gerichtlichen Zweikampfes als Gottesurteil.

Ludwigs persönlichem Engagement in diesen Reformen lag das Motiv zugrunde, das Königtum als einzige Autorität der Gerechtigkeit und des Friedens im Königreich zu etablieren. Das von Joinville überlieferte und idealisierte Bild Ludwigs IX. als ein Recht sprechender König (roi justicier) unter der Eiche von Vincennes[7] sollte dabei in das nationale Gedächtnis der Franzosen als ein Bewahrer des Rechts und des inneren Friedens eingehen. Für Montesquieu war Ludwig IX. der Vernunftherrscher, der im krassen Gegensatz zum Gewaltherrscher Ludwig XIV. stand[8]. Als konkretes Beispiel dieses Anspruches ist das Gericht zu nennen, das der König über einen Priester hielt, der drei Diebe erschlagen hatte, dem er im Urteil den Klerikerrangentzog[9]. Ludwig griff hier in die Rechtsprechung der Kirche ein, die sich gegenüber der königlichen zunehmend unterordnen musste. Aufsehenerregend war auch der Prozess im Jahre 1259 gegen den Sire von Coucy, der drei Edelleute, die er verdächtigte, in seinen Wäldern gejagt zu haben, ohne Verhandlung hängen ließ[10]. Das Verfahren wurde Direkt vor dem König und nicht etwavor dem Pairsgericht gehalten, worauf der Sire in seinem Standesbewusstsein bestanden hatte. Damit schloss Ludwig die Einflussnahme der Barone, die mit dem Sire sympathisiert hatten, in der Urteilsfindung aus und brachte damit auch gegenüber ihnen seine richterliche Autorität zur Geltung.

Ein weiteres innenpolitisches Betätigungsfeld fand Ludwig in der Errichtung einer Dominanz der Krone in Finanzen und Wirtschaft. Ähnlich wie in der Jurisdiktion galt es hier, die Privilegien des Lehnsadels zurückzudrängen. Zu diesem Zweck erließLudwig 1263 eine Ordonnanz, wonach von Nun an innerhalb der Krondomäne ausschließlich die von Der Krone geprägten Münzenals offizielles Zahlungsmittel anerkannt wurden. Gleiches galt auch in den Lehnsfürstentümern, die keine eigene Münze besaßen. Weiterhin wurde Das Fälschen von Königlichen Münzen in die Liste der Majestätsverbrechen aufgenommen. Das Ergebnis dieser Maßnahmen war eine schrittweise Verringerung der münzprägenden Herren in Frankreich von Noch ca. 300 zu Ludwigs Lebzeiten auf nicht mehrals 30 bis zum Ende Der Regierung Philipps des Schönen. Zu einer Vereinfachung des Zahlungsverkehrs sollte der erstmals 1266 in Tours geschlagene große Silberschilling „Gros tournois“ (grosso denarius Turnosus) beitragen, der biszum Ende Des 13. Jahrhunderts zu einer der Hauptwährungsmünzen in Nordeuropa avancierte. Diese Prägung führte den Schilling in Frankreich wieder als Münze ein, der bis dahin seit der karolingischen Zeit nur noch als Recheneinheit verwendet wurde. Im deutschen Raum wurde Diese Münze um das Jahr 1270 erstmals als Groschen nachgeprägt. Der im selben Jahr wie der Silberschilling erstmals seit Jahrhunderten wieder geschlagene Goldtaler (Écu d'or) sollte hingegen keine weite Verbreitung finden. Er diente eher dem politischen Prestige, da Frankreich so in die Riege der Wirtschaftsmächte aufstieg, die eine Doppelwährung besaßen (u. a. Byzanz, Sizilien und die arabische Welt).

Ludwigs Außenpolitik war vom Anspruch geprägt, gegenüber seinen Nachbarn als friedliebender und friedensbringender König (rex pacificus) aufzutreten. Dabei war er besonders bestrebt, die unter seinen unmittelbaren Vorgängern neu gestalteten Beziehungen und Herrschaftsverhältnisse auf eine vertragliche Grundlage zu bringen.

Die mit dem Vertrag von Meaux-Paris 1229 begründete Oberhoheit der Krone über den Süden hatte Frankreich in direkte Gegensätze mit den Interessen der Krone Aragons gebracht. Ein erster Berührungspunkt tat sich für Ludwig in der Provence auf, dieseit mehreren Generationen von Einem Seitenzweig des aragonesischen Königshauses regiert wurde. 1245 starb mit Graf Raimund Berengar V. der letzte Graf dieser Dynastie, Ludwig war mit der ältesten Tochter des Grafen verheiratet, doch galt diesenicht als Erbin ihres Vaters. Dieser hatte stattdessen seine jüngste Tochter Beatrix zur Erbin ernannt, deren Vormundschaft nun ihr Vetter König Jakob I. von Aragon beanspruchte. Ludwig reagierte umgehend mit der Entsendung eines Heeres unter seinem Bruder Karl von Anjou in die Provence, um dieses Land dem aragonesischen Zugriff zu entziehen. Um den französischen Einfluss auf die Provence endgültig zu sichern, nutzte Ludwig die politische Notlage des Papstes aus, der bereitwillig eineDispens erteilte, die eine Ehe zwischen Beatrix und ihren Schwager Karl (Januar 1246) ermöglichte. Aragon konnte nichts anderes tun, als diesen Verlust seines Einflusses in der Provence zu akzeptieren.

Die Provence war allerdings nur einer der Konfliktpunkte zwischen Frankreich und Aragon. Denn die Machterweiterung, welche die französische Krone als Ergebnis der Albigenserkreuzzüge erringen konnte, geschah vor allem auf Kosten Aragons, da vorden Kreuzzügen der König von Aragon der nominelle Lehnsherr größerer Gebiete im Languedoc war, insbesondere der Besitzungen der Trencavel, die durch König Ludwig VIII. der Krondomäne einverleibt und in Seneschallate eingerichtet wurden. Als rechtliche Grundlage hatte hierfür einst die Übertragung der RechteAmalrichs von Montfort an die Krone gedient, doch war deren Gültigkeit stark umstritten, da sie in einer päpstlichen Belehnung begründet waren und nicht etwa in einer durch den KönigAragons. Der hielt seinen Anspruch auf die umstrittenen Gebiete weiter aufrecht, wohingegen die französische Krone die Auffassung vertrat, dass Aragon nach seiner Niederlage in der Schlacht bei Muret (1213) jegliche Rechte im Languedoc verspielt habe. Diese spannungsgeladene Situation brachte unter Ludwigs Herrschaft beide Königreiche mehrmals an den Rand eines Krieges. Ludwig aber wollteden Gewinn Frankreichs in den umstrittenen Gebieten von Aragon anerkannt wissen und griff dafür auf alte karolingische Rechte zurück. Seit seinem Vater beanspruchte dieDynastie der Kapetinger die dynastische und damit auch rechtliche Nachfolge der Karolinger, womit zugleich ein Anspruch auf die Oberhoheit über die betreffenden Gebiete, aberauch der spanischen Mark (Grafschaft Barcelona) verbunden war. König Jakob I. von Aragon geriet damit in erhebliche Verlegenheit, bildete die spanische Mark doch die Grundlage des Königreichs Aragon, dessen Souveränität nun in Frage gestellt war. Bedingt durch sein hohes Engagement auf See sowie die Inanspruchnahme im Kampf gegen die Mauren konnte sich der König von Aragon aber keinen längeren Konflikt mit Frankreich leisten, womit einer diplomatischen Lösung des Konfliktes der Weg geebnet wurde. Unter der maßgeblichen Vermittlung des Sire Oliver de Termes wurde Am 11. Mai 1258 der Vertragvon Corbeil geschlossen, in dem König Jakob die neuen Machtverhältnisse anerkannte und auf alte Rechte sowohl im Languedoc als auch in derProvence verzichtete. Im Gegenzug ließ Ludwig seinen Anspruch auf die spanische Mark fallen, was die weitere Souveränität Aragons gewährleistete. Weiterhin erkannte Ludwig die Zugehörigkeit des Roussillons und der Cerdanya zu Aragon an.Lediglichum das Besitzverhältnis auf Montpellier sollte noch lange gestritten werden. Insgesamt wurde Damit aber zwischen beiden Königreichen eine Grenze geschaffen, die für die kommenden vierhundert Jahre bestand haben sollte und erst in dem Pyrenäenfrieden von 1659 korrigiert wurde.

Bezüglich der Provence wurde Im Vertrag von Corbeil eine besondere Lösung vereinbart. Der König von Aragon verzichtete dort auf seine Ansprüche zugunsten Ludwigs Ehefrau Margarethe und nicht etwa auf deren jüngere Schwester und Erbin Beatrix. Auf dieser Maßnahme hatte Ludwig bestanden, dem damit eine rechtliche Handhabe gegen seinen Bruder Karl von Anjou, dem Ehemannvon Beatrix, in die Hand gegeben wurde. Karl von Anjou hatte in seinem eigennützigen Machtstreben Ludwig schon mehrmals Sorgen bereitet, aber durch die Begünstigung seiner Frau konnte Ludwig denEhrgeiz seines Bruders in der Provence zügeln.

Ebenso wie gegenüber Aragon war Ludwig auf eine Einigung in dem lang andauernden Konflikt mit den Plantagenets bedacht. Das französische Königtum befand sich seit annähernd siebzig Jahrenmit der aus dem Anjou stammenden englischen Königsfamiliein einem kriegerischen Konflikt um deren französische Besitzungen, die einst Heinrich II. Plantagenet († 1189) zusammengefasst hatte. Die Auseinandersetzungen waren 1204 in die entscheidende Phase geraten, nachdem Ludwigs Großvater Philipp II. August dem Plantagenet Johann Ohneland als seiner Lehen in Frankreich fürverlustig erklärt und diese in mehreren Feldzügen beschlagnahmt hatte. Und trotz der entscheidenden Niederlage bei Bouvines (1214) war das damalige Plantagenetoberhaupt, König Heinrich III. von England, nicht bereit, die Verluste seiner Familie zu akzeptieren, bis er bei dem Versuch diese zurückzuerobern 1242 bei Taillebourg durch Ludwig IX. erneut schwer geschlagen wurde.

Und trotz des bald auslaufenden Waffenstillstandes mit Heinrich hatte sich die politische Lage merklich zugunsten Ludwigs gewendet, nachdem sich Heinrich in England ähnlich wie einst seinVater einer breiten Opposition seiner Barone gegenüber sah, die seit der Bewilligung der Magna Carta 1215 beständig für eine Erweiterung ihrer Privilegien und Vorrechte gegenüber demKönigeintrat. Und eben diese Barone waren es auch, die nicht länger bereit waren, für die privaten Familienangelegenheiten ihres Königs in Frankreich zu kämpfen. In diesem Willen kam eine Entwicklung zum Ausdruck, die mit der Zerschlagung des Plantagenet-Reiches (Angevinisches Reich) 1204 ihren Anfang nahm: nämlich die allmähliche politische wie auch kulturelle Lösung des aus Frankreich stammenden Adels von Der Heimat ihrer Vorväter und der zunehmenden Bildung einer insularen, einer englischen Identität. Die Symbiose zwischen beiden Königreichen, die Wilhelm derEroberer 1066 bei Hastings geschaffen hatte, war dabei, sich aufzulösen. In Anbetracht dieser Lage zeigte sich Heinrich nun bereit, die geschaffenen Verhältnisse anzuerkennen. Zu einer ersten Annäherung kam es bei einem eher spontanen Besuch Heinrich III. in Paris zu Weihnachten 1254, woLudwig bei dieser Gelegenheit dem englischen König seinen aus Palästina mitgebrachten Elefanten schenkte. Die Tatsache, dass beide Könige über ihre vermittelnden Ehefrauen miteinander verschwägert waren, erleichterte dabei eine Einigung, die am28. Mai 1258 im Vertragvon Paris verbrieft wurde. König Heinrich III. von England erkannte darin die Verluste seiner Familie in Frankreich zugunsten der französischen Krone an, im Gegenzug bestätigte Ludwig ihmden letzten gehaltenen Besitz, dersich auf die Gascogne konzentrierte. Ludwig war sogar zu territorialen Zugeständnissen bereit, indem er Heinrich mit einigen Gebieten des alten Aquitanien neu belehnte, besonders mit der Saintonge, auf die Prinz Alfons verzichten musste. Der Vertrag wurde Auch von Den englischen Baronen ratifiziert und trat mit der Huldigung Heinrichs gegenüber Ludwig am 4. Dezember 1259 in Paris in Kraft.

Die vertragliche Einigung zwischen beiden Monarchen enthielt allerdings auch den Keim zukünftiger Konflikte, nämlich die vereinbarte Huldigung (homagium) der englischen Könige als Lehensnehmer von Lehensgebieten in Frankreich gegenüber dem französischen König als Lehensgeber. Ein Unterwerfungsakt, den die Aufnahme der Plantagenets unter die Pairs von Frankreich nichtabmilderte. König Heinrichs III. Nachkommen sollten vergeblich versuchen, dieses Lehnsverhältnis zu beenden, was eine nicht geringe Ursache zum Ausbruch des hundertjährigen Krieges beisteuerte. Für Ludwig selbst war der Vertrag von Paris mit verhältnismäßig geringen politischen Konsequenzen verbunden. Gegenüber dem König von England räumte er lediglich freie Handfür eine Plantagenet-Nachfolge im Königreich Sizilien gegen die Staufer ein, die allerdings aus demselben Grund wie das offensive Engagement Heinrichs in Frankreich scheiterte, nämlichmangels der erforderlichen Unterstützung durch die englischenBarone.

König Ludwig IX. pflegte sowohl zu den Staufern als auch zum Papstum ein traditionell gutes Verhältnis, was sich in seiner Regierungszeit allerdings als sehr problematisch gestaltete. Kaiser Friedrich II. befand sich nämlich seit dem PontifikatPapst Gregors IX. in einem erbitterten Konflikt mit der Kirche, in dem sich Ludwig weitgehend neutral verhielt. Zu Beginn seiner Herrschaft nahm er noch eher eine tendenziell prostaufische Position unter Fortführung einer gemeinsamen Politik gegen England ein. Unter anderem heiratete Ludwigs Bruder Robert eine Tochter des Herzogs von Brabant, die eine Cousine des Kaisers war. Als der Papst 1240 Robert die römisch-deutsche Krone anbot, lehnte dieser das Angebot unter Berücksichtigung der familiären Bande Zu den Staufern ab. Die guten Beziehungen zu den Staufern nahmen auch keinen Abbruch, als Ludwig den französischen Einfluss auf reichsunmittelbare Gebiete ausweitete, wie durch den Erbgang seines Bruders Karl in der Provence als auch durch seine Schiedsurteile im Bezug auf den flämischen Erbstreit, der auch Reichsinteressen berührt hatte. Ludwig konnte letztlich in diesen Fällen von der Stillschweigenden Duldung des Kaisers profitieren, der im Konflikt mit dem Papstauf ein gutes Verhältnis zu Frankreich angewiesen war.

Das Einvernehmen mit dem Kaiser sah Ludwig nur dann in Frage gestellt, wenn dieser gegenüber dem Klerus in einer zu aggressiven Weise verfuhr, wie zum Beispiel 1241, als der Kaiser mehrere hohe kirchliche Würdenträger gefangennehmen ließ, die auf dem Weg zum Konzil nach Lyon waren. Nach einer scharf formulierten Antwort Ludwigs ließ der Kaiser die Würdenträger wieder frei.Auch die Exilnahme des Papstes Innozenz IV. in Lyon erfolgte nicht zuletzt aufgrund dessen Schutzbedürfniss vor demKaiser, wenn auch Lyon zum Reich gehörte, lag diese Stadt bedingt durchihre Grenzlage im Zugriffsbereich Ludwigs. Dort konnte der Papst das erste Konzil von Lyon abhalten, das im Juli 1245 mit der Absetzung des Kaisers endete. Doch trotz der Aufforderung durch den Papst bei einem persönlichen Treffen in Cluny verweigerte Ludwig nicht nur die Anerkennung der Maßnahmen gegen den Kaiser, sondern auch die Durchführung eines Kreuzzugesgegen diesenund konzentrierte sich stattdessen auf seinpersönliches Kreuzzugsanliegen in das heilige Land, welches ihm auch durch das Konzil bewilligt wurde. Im Gegenzug stellte Ludwigsich aber auchschützend vor den Papst, als der Kaiser 1247 einen Angriff auf diesen in Lyon plante, und drohte miteiner militärischen Intervention. Der Tod Kaiser Friedrichs II. 1250 bedeutete auch einen Einschnitt im Verhältnis Ludwigs zu den Staufern. Obwohl er Konrad IV. auch weiterhin als rechtmäßigen König sowohl des Reiches als auch von Sizilien anerkannte, näherte sich Ludwig doch zunehmend der päpstlichen Position an. Nach dem Tode Konrads 1254 und der 1258 folgenden Usurpation des sizilianischen Thrones durch Manfred gab Ludwig dem päpstlichen Drängen auf eine Beseitigung der Staufer letztlich nach und erteilte seinem Bruder Karl von Anjou sein Einverständnis zu einem Eroberungszug nach Unteritalien.

Das Ende Der Staufer und das damit einsetzende Interregnum markierte einen Wendepunkt im Verhältnis Frankreichs zum Reich. Bedingt durch das Erstarken der französischen Königsmacht beigleichzeitigem Verfall der kaiserlichen Zentralmacht begann Frankreich seit der Herrschaft Ludwigs zunehmend, seinen Einfluss offensiv auf Reichsgebiet, besonders auf den alten burgundischen und lothringischen Raum, auszudehnen. Tatkräftig traten die französischen Könige nun auch vor allem in Italien auf,wo sie die Machtkämpfe zwischen kaisertreuen (Ghibellinen) und päpstlich (Guelfen) gesinnten Parteien zu ihren eigenen Vorteil nutzten. Ludwigs Sohn Philipp der Kühne sollte schließlich auch der erste französische Monarch werden, der für die Wahl zum römischen (deutschen) König kandidieren sollte.

Ludwig genoss über die Grenzen Frankreichs hinaus den Ruf, ein Wahrer des Friedens zu sein, der die Anwendung von Waffengewalt, mit Ausnahme des Kampfes gegen die Heiden, nur als ein Mittel der Verteidigung akzeptierte. Dieses Ansehen erhob ihnunter den anderen Herrschern des christlichen Abendlandes, mehr noch als den Kaiser, in die Position eines Schiedsrichters, dessenSchlichtung und Urteil ohne Gesichtsverlust von Den streitenden Parteien gesucht wurde.

Im flämischen Erbfolgestreit zwischen den Brüdern des Hauses Dampierre und des Hauses Avesnes um das Erbe ihrer Mutter Gräfin Margarethe fällte Ludwig 1246 in Paris einen Schiedsspruch (Dit de Paris), der den Dampierre die Grafschaft Flandern und den Avesnes die Grafschaft Hennegau zusprach. Das Besondere dabei war, dass Ludwig im Falle Hennegau in Lehnsverhältnisse des Reiches eingegriffen hatte. Den Interessen des unmittelbaren Lehnsherrn des Hennegaus, dem Bischof von Lüttich, wurdeDabei keine Rechnung getragen, ebenso wie der Kaiser sich in dieseAngelegenheit nicht einmischte. Während Ludwigs Abwesenheit im heiligen Land sollte der Konflikt in Flandern noch einmal ausbrechen, nicht ohne Zutun seines Bruders Karl von Anjou, der sich einen persönlichen Gewinn daraus erhoffte. Nach seiner Rückkehr 1254 sorgte Ludwig für ein sofortiges Ende Der Kampfhandlungen und bestätigte 1256 in Péronne (Dit de Péronne) denin Paris gefällten Entschluss ,der zum endgültigen EndeDes Konfliktes führte.

1257 musste Ludwig in seiner eigenen Familie über bestehende Lehnsverhältnisse hinweg schlichten. In der Provence war sein Bruder Karl mit seiner Schwiegermutter Beatrix von Savoyen in einen Streit um die Grafschaft Forcalquier geraten, den Ludwig zugunsten Karls entschied. Auch hier mussten die Hoheitsrechte des Reiches auf die Provence ignoriert werden, da es zu diesemZeitpunkt, bedingt durch das Interregnum, keine vertretende Instanz mehr besaß.

1259 erschien schließlich der Herr des griechischen Theben und Athen, Guido I. de La Roche, an Ludwigs Hof und erbat von Ihm einen Schiedsspruch, der seinen Konflikt mit dem Fürsten vonAchaia beenden sollte. Der Fürst hatte Guido I. dazu gezwungen, ihn als Lehnsherren anzuerkennen, doch die Vasallen Guidos wollten dies nicht akzeptieren, weshalb sie ihn zu Ludwig entsandten. Die Tatsache, dass ein Urteil in solch einer Frage nur dem Oberlehnsherrn des lateinischen Griechenlands, KaiserBalduin II. von Courtenay, erlaubt war, ignorierten sie dabei. König Ludwig entschied für die Interessen Guidos de La Roche und erklärte die erzwungene Huldigung für ungültig. Die Chronik von Morea berichtet, dass die Herrschaft von Athen um das Jahr 1260 durch Ludwig in die Würde eines Herzogtums erhoben wurden sei und der somit dessen Ranggleichheit zum Fürstentum Achaia unterstrichen habe.

1264 ersuchte sogar sein Schwager König Heinrich III. von England Ludwig um sein Urteil. In England war der König in eine sich immer weiter vertiefende Auseinandersetzung mit seinen Baronen um Simon V. de Montfort geraten, die von Ihm 1258 die Anerkennung der Provisions of Oxford erzwungen hatten, in welcher der König den Baronen eine stärkere Beteiligung an der Macht zubilligen musste. 1261 erklärte König Heinrich mit Rückendeckung des Papstes die Provisions für ungültig, und die Lagespitzte sich an den Rand eines Bürgerkriegs zu. Um diesen zu vermeiden, wandten sich die Parteien an König Ludwig von Frankreich. In der Mise of Amiens erklärte auch er aus Kollegialität zu seinem Schwager die Provisions für nichtig im Sinne einer Stärkung derKrone von England gegenüber deren Vasallen. Für Ludwig war die Autorität eines Königtums der Ursprung allen Rechts, gegenüber seinen Vasallen Souverän und könne dadurch in seiner Macht auch nicht von Diesen beschränkt werden. Dieses spezifische Herrschaftsverständnis stand allerdings den Eigenheiten und dem politischen Selbstbewusstsein der englischen Barone entgegen und sollte sich deshalb auch nicht als durchsetzungsfähig erweisen. In den folgenden Jahren versank England in einen lang anhaltenden Bürgerkrieg.

Während der Überwinterung des Kreuzfahrerheers auf Zypern 1248 empfing Ludwig zwei Abgesandte des Großkhans der Mongolen, Gujuk, die ihm ein gemeinsames Bündnis gegen die Sarazenen und eine Konvertierung des Großkhans zum Christentum in Aussichtstellten. Darauf beschloss Ludwig, eine Gesandtschaft unter dem Dominikaner Andreas von Longjumeau in den Altai zu schicken,der das Bündnis mit Gujuk besiegeln sollte. Um die Bekehrung voranzutreiben, gab ihm Ludwig ein Stück vom „wahren Kreuz“und eine rote Zeltkapelle als Geschenk für den Großkhan mit auf die Reise. Longjumeau sollte allerdings ebenso scheitern wie schon wenige Jahre zuvor der päpstliche Gesandte Johannes de Plano Carpini, denn als er in der mongolischen Residenz eintraf war Gujuk bereits tot, und der zusammengerufene Kuriltai wurde Von Seiner Witwe Ogul Qaimish beherrscht. Diese wollte von Einem Bündnis nichts wissen und forderte im Gegenzug den König von Frankreich dazu auf, sich zu unterwerfen und Tribut an die Mongolen zu zahlen.

Ludwig empfing Longjumeau 1251 in Cäsarea und entschloss sich trotz des Misserfolges, eine zweite Mission mit dem Franziskaner Wilhelm von Rubruk zu den Mongolen zu entsenden, denn Longjumeau wurde Kurz vor seiner Abreise aus der Mongolei Zeugeder Wahl des als religiös tolerant geltenden Möngke, dem außerdem eine Verwandtschaft zum mythischen Priesterkönig Johannes nachgesagt wurde, zum neuen Großkhan. Rubruk sammelte auf seiner langen Reise und Aufenthalt in Karakorum reichhaltige Informationen über die mongolische Gesellschaft und Kultur, doch warseine Mission politisch wie auch religiös ein Fehlschlag, womit die Kontakte Ludwigs zu den Mongolen vorerst endeten.

1262 jedoch erschien in Paris eine große Gesandtschaft des Ilchan Hülagü, der wenige Jahre zuvor das Abbasiden-Kalifat in Bagdad vernichtet hatte, mit einem Bündnisangebot gegen die Mameluken. Zwischen Ludwig und Hülagü sollte es aber trotz jahrelanger Verhandlungen nie zu einem formellen Bündnis kommen, vor allem weil auch Hülagü an der Forderung einer mongolischen Oberhoheit über die Christen im heiligen Land festhielt.

Seit dem Scheitern seines Kreuzzuges nach Ägypten war Ludwig dazu entschlossen, einen weiteren Zug gegen die Heiden durchzuführen, um die vorangegangene Schmach vergessen zu machen. Nachdem er das heilige Land 1254 verlassen hatte, schickte er regelmäßig Geld und Waffen nach Akkon zum Unterhalt eines ständigen Regiments, welches die Basis eines neuen Unternehmens bilden sollte. Die ohnehin schwankende Existenz der restlichen Herrschaften der Christen im heiligen Land sah sich in den sechziger Jahren des 13. Jahrhunderts einer ernsthaften Bedrohung ausgesetzt, nachdem der Mamelukensultan Baibars I. die Mongolen 1260 bei Ain Djalud geschlagen und Syrien seiner Herrschaft unterworfen hatte. Nacheinander eroberte er darauf Cäsarea, Arsuf, Safed,Jaffa und vernichtete 1268 Antiochia, nur Akkon konnte sich gerade Noch halten.

Ludwig erachtete einen neuen Kreuzzug nun dringlicher denn je, obwohl seine unmittelbare Umgebung deutliche Kritik und Ablehnung an diesem Vorhaben äußerte. Diese ignorierend legte er 1267 ein neues Kreuzzugsgelübde Ab, das vom Papst bestätigt wurde. Der Transport des Heeres sollte erneut von Aigues-Mortes aus über das Meer verlaufen. Eigens dafür ließ Ludwig erstmals eigene Schiffe bauen, weshalb er als Begründer der französischen Marine angesehen wird. Eine Zusage zur Teilnahme erhielt Ludwig aber von Dem englischen Prinzen Eduard Plantagenet undvon Seinem Bruder Karl von Anjou. Letzterer war mittlerweile König von Sizilien geworden und betrieb eine aggressive Expansionspolitik im östlichen Mittelmeerraum, die gegensätzlicher zu der seinesBruders nicht hätte sein können. Karl schloss unbedenklich Verträge mit den Mameluken, die für Ludwig die zu bekämpfenden Ungläubigen waren, und während Ludwig die Kirchenunion des byzantinischen Kaisers unterstützte, rüstete Karl zu einem Krieg gegen Byzanz. Das Anliegen Ludwigs musste also grundlegende Interessen Karls berühren, dem die Teilnahme an dem Kreuzzug seines Bruders eher deshalb nachgesagt wurde, um auf dessen Verlauf Einfluss nehmen zu können. Warum sich Ludwig für einen Angriff auf den Sultan von Tunis, al-Mustansir entschied, bleibt bis heute umstritten. Angeblich erhoffte er sich dadurch, einen Übertritt des Sultans zum Christentum beschleunigen zu können, den dieser gegenüber Ludwig und Karlauchdiplomatisch verlautbaren ließ. Tatsächlich aber war der Sultan aufgrund seiner Unterstützung ghibellinischer Oppositioneller und seiner Weigerung, beanspruchte Tribute zu zahlen, ein Feind Karls von Anjou. Ausgeschlossen wird heute hingegendie These, wonach Ludwig irrtümlich glaubte, Tunis läge in unmittelbarer Nachbarschaft zu Kairo, was ihm eine bessere Ausgangsbasis zu einem Angriff auf die Mameluken gegeben hätte[12].

Obwohl bereits von Alter und Krankheit gezeichnet, landete Ludwig mit seinem Heer am 18. Juli 1270 bei Karthago, das er schnell einnahm. Der Sultan weigerte sich, seinen Glauben abzulegen, und verschanzte sich in Tunis. Bevor es aber zum Kampf kam, wurde Das Kreuzfahrerheer von Einer Bakterienruhr befallen. Nachdem er vom Tod seines Sohnes Johann Tristan erfuhr, starb der König am 25. August 1270 um drei Uhr nachmittags, zur selben Stunde Wie Christus[13], an der Seuche. Der Legende Nach waren seine letzten Worte: „Wir werden einziehen nach Jerusalem.“

Ludwig IX. war einem tiefen christlichen Lebensstil verpflichtet, in dem ihm unter seinen Vorgängern nur König Robert II. der Fromme gleich gekommen sein soll. Geprägt von Frömmigkeitund Barmherzigkeit führte er, soweit es einem weltlichen Herrscher gestattet war, ein Leben in strengster Askese. Sein Alltag war bestimmt von Bescheidenheit, Kargheit, schlichter Kleidung undgrößtmöglicher Keuschheit. Laut Nangis gestatteten sich Ludwig und seine Frau den Beischlaf nur in den von Der Kirche vorgeschriebenen „Zeiten der Umarmung“[15]. Große Abscheu empfand er zu Todsünden, nach einer unbedachten Äußerung Joinvilles lieber 30 Todsünden zu begehen als einen Aussätzigen zu küssen tadelte er diesen: „Wisst Ihr denn nicht, dasses keinen so schlimmenAussatz gibt, wie in Todsünde Zu sein? Denn eine Seele in Todsünde Gleicht dem Teufel.“[16]. Den Krieg betrachtete Ludwig nur dann als Mittel zur Konfliktlösung, wenn er den zwei Grundregeln des christlichen, des „gerechten Krieges“ entsprach: Gegenüber Ungläubigen zu deren Bekämpfung und gegenüber Glaubensbrüdern als Mittel der Verteidigung. Ludwig hatte um 1230 die ersteÜbersetzung der Bibel in das Französische in Auftrag gegeben[17], er selbst galt als begeisterter Leser von Heiligenviten, die er auch persönlich für sein lateinunkundiges Umfeld vorlas und übersetzte[18]. Ludwig stand zudem der in seiner Zeit aufkommenden Bewegung der Bettelorden nahe, die er reich beschenkte. Sein angeblich geäußerter Wunsch, selber eines Tages dem dritten Orden der Franziskaner beizutreten, gilt heute hingegen als bloßes Gerücht. Für den Orden der Zisterzienser gründete er die Abtei von Royaumont, die er oft besuchte, um den Lesungen des Vinzenz von Beauvais beizuwohnen. Weiterhin förderte Ludwig auch die geistigen Wissenschaften, indem er die Gründung eines theologischen Kollegs an der Pariser Universität durch seinen Kaplan Robert von Sorbon unterstützte. Die so entstehende Sorbonne-Universität zog bald die gelehrten Autoritäten seiner Zeit (u. a. Bonaventura, Albertus Magnus, Roger Bacon, Thomas von Aquin) an.

Bei aller ihm entgegengebrachter Bewunderung unter seinen Zeitgenossen für sein frommes, gottgerechtes Leben bot gerade Diese Lebensführung auch Anlass zur Kritik, die auch aus Ludwigs engster Umgebung geäußert wurde. Für viele erschien LudwigsDemut nicht selten als zu übertrieben. Sie lenke ihn ab von Seinen Verantwortungen als weltlicher Herrscher. Widerstand kam Ludwigentgegen, sobald er versuchte, seine religiösen Wertvorstellungen anderen Personen oder dem ganzen Königreich aufzuzwingen. So war es vor allem der Klerus, der ein härteres Vorgehen Ludwigs gegen die Prostitution verhinderte, im Wissen, dass ein Verbot der käuflichen Liebe gesellschaftlich nicht durchsetzbar war[19], 1270 erließ Ludwig erstmals auch Gesetze,welche die Sodomie zu einem Verbrechen erklärte. Gegen seinen Willen wandten sich auch Ludwigs eigene Kinder Johann Tristan, Peter und Blanche, von Denen nach seinen Vorstellungen je eines den Dominikanern, den Franziskanern und den Zisterziensern gegeben werden sollte. Doch die Kinder teilten nicht den frommen Lebenswandel ihres Vaters und konnten erst nach heftigem Widerstand und auch mit Einspruch des Papstes einem Ordensleben entgehen. von Seiten des Klerus, besonders von Den Mönchen, wurde Ludwig für seine Finanzpolitik kritisiert, da er die Kosten seiner Kreuzzüge vor allem der Kirche anlastete. Überhaupt waren auch die Kreuzzüge sehr umstritten und verloren unter der französischen Ritterschaft des 13. Jahrhunderts anideellem Ansehen. Weiterhin war man der Auffassung, der König würde Für diese die Belange seines Königreichs vernachlässigen. Diese Auffassung war auch unter dem einfachen Volk vertreten. Eine Fraunamens Sarrete warf demKönig, der zu Gericht amFuß der Treppe des Palais de La Cité saß, vor, nur ein „König der Minder- und Predigerbrüder, der Priester und der Kleriker“ zu sein[20].

Zeit seines Lebens war Ludwig ein ausgiebiger Verehrer und Sammler von Reliquien. Welche Bedeutung er ihnen zumaß, verdeutlicht eine Episode Aus dem Jahr 1232, als in der Abtei von Saint-Denis die hochgeschätzte Reliquie eines heiligen Nagels verloren ging. Ludwig verfiel darüber in eine tiefe Trauer und ordnete eine landesweite Suche an, die allerdings erfolglos verlief[21]. Bereits als Kind bekam er von Den Franziskanern das Kopfkissen des heiligen Franz von Assisi (hl. 1228) geschenkt[22]. Die bedeutendste Erwerbung Ludwigs war aber die Dornenkrone, die Christus am Tag seiner Kreuzigung getragen hatte. Ihm kamen dabei die finanziellen Nöte des lateinischen Kaisers von Konstantinopel Balduin II. von Courtenay zugute, der 1239 in Frankreichwar, [23]. Ludwig kaufte ihm die Dornenkrone ab, die einst durch die heilige Helena nach Konstantinopel gelangte, und nahm sie wenig später Villeneuve-l'Archevêque in Empfang, von Wo aus er und sein Bruder Robert sie barfuß und im Büßergewand nach Paris trugen. Als Aufbewahrungsort für die Leidenswerkzeuge Christi ließ Ludwig die Sainte-Chapelle bauen, die 1248 eingeweiht wurde. Der Abt von Vaux-de-Cernay fertigte eigens für die Krone ein Officium an. Mit dem Besitz derDornenkrone erlebte die Person Ludwigs wie auch das französische Königtum im Allgemeineneine Erhöhung seines Prestiges. Erzbischof Gautier von Sens glaubte, dass Frankreich von Christus als Nachfolger Griechenlands (Byzanz) zum Ort der Verehrung seiner siegreichen Passion auserkoren wurde. Papst Innozenz IV. bescheinigte später, dass Ludwig von Christus mit dessen Krone gekrönt worden sei und beschrieb ihn als †žallerchristlichen König†œ (ârex christianissimus“), „Bild Gottes“ („imago Dei“) und „Beschützer der Kirche“ („patronus ecclesiae“).[24] Im Jahre 1241 kaufte Ludwig dem lateinischen Kaiser zusätzlich den Heiligen Schwamm (den die römischen Soldaten in Essig getränkt und anschließend an den Mund Christi gehalten hatten) und die Heilige Lanze des Longinus ab. Weiterhin erwarb ervon Der Abtei Saint-Maurice d'Agaune mehrere Reliquien von 24 Märtyrern der Legion des Heiligen Mauritius, für die er in Senlis eine neue Kirche bauen ließ.

In seinem religiösen Eifer betrachtete sich Ludwig in seiner Eigenschaft als König auch als Bekämpfer der Feinde Des Glaubens, womit Häretiker, Ungläubige und Juden zu verstehen waren. Als größte Bedrohung sah er die Katharer an, für deren Bekämpfung er den Aufbau der Inquisition vorantrieb. Gegenüber Ungläubigen (Muslime, Mongolen) betrachtete Ludwig, neben demKreuzzug, die Bekehrung als das geeignete Mittel. Während seines Kreuzzuges in Ägypten ordnete er beispielsweise in Damiette an, die Zivilbevölkerung mit Zwangstaufen für den christlichen Glauben zu gewinnen, statt zu töten. Diese Maßnahmen hatten allerdings ebenso wenig Erfolg wie die Versuche, die Mongolen auf den diplomatischen Weg zu bekehren.

Nahezu obsessiv war Ludwigs Haltung zu den Juden in seinem Königreich. Um diese in ihrem vermeintlichen Irrglauben zu reinigen führte er erstmals in der Geschichte Frankreichs staatlichorganisierte Maßnahmen durch. Während seiner gesamten Regierungszeit erließ er mehrere Ordonnanzen, die gezielt gegen die Geldwechselwirtschaft gerichtet waren und damit besonders die wirtschaftlichen Lebensgrundlagen der Juden angriffen. Die Geldwirtschaft der Juden betrachtete Ludwig als Gift eines Skorpions, der sein Königreich lähme[25]. Ideologisch begann Ludwig die Bekämpfung des Judentums am 3. März 1240 mit der landesweit durchgeführten Beschlagnahmung des Buchs Talmud, als einer angeblich gotteslästerlichen Schrift, die gegenüber Jesuundder Jungfrau Maria blasphemisch sei. Trotz eines rhetorischen Sieges jüdischer Gelehrter bei einem am 12. März 1240 einberufenen Streitgespräch, urteilte Ludwig die weitere Verbrennungdes Talmuds. Mehrere Tausend Exemplare wurden 1242 in Paris bei einem Autodafé vernichtet. Trotz einer 1247 ergangenen Aufforderung des Papstes, die Verbrennungen einzustellen, wurde DerTalmud und sein Besitz in den nächsten Jahren weiter verfolgt. 1252 erfolgte schließlich eine Anordnung zur Verbannung aller Juden aus Frankreich. Der Übertritt (Konversion) zum Christentum sollte ihnen dabei als einzige Möglichkeit gelassen werden, der Ausweisung zu entgehen. Dieses Dekret wurde Wenige Jahre später um die Möglichkeit ergänzt, sich durch eineZuwendung an den königlichen Schatz von Dieser Verbannung freizukaufen. So eine Maßnahme wurde Allerdings erst unter Ludwigs Enkel, Philipp dem Schönen, erstmals erfolgreich durchgeführt. Deshalb wurden Juden 1269 dazu verpflichtet, sich durch ihre Kleidung kenntlich zu machen – in Anwendung einer Empfehlung des Vierten Laterankonzils von 1215. Für die Männer war dies eine kreisförmige Scheibe, die Rouelle, die auf der Brust befestigt werden musste, für die Frauen eine besondere Haube.In der islamischen Welt wurde Zu dieser Zeit eine derartige Markierung ebenfalls praktiziert. Dazu ist allerdings anzumerken, dass Ludwig die Anwendung von Gewalt zur Durchsetzung seiner Maßnahmen ablehnte. Nachdem es zum Beispiel im Anjou zu Pogromen gegen die Juden durch die lokale Bevölkerung kam, ließ Ludwig die Verantwortlichen verurteilen und hinrichten[26]. Dennoch bleibt festzuhalten, dass Ludwigs Vorgehen den Beginn einer öffentlichen Denunziation der Juden und eines staatlich geförderten Antijudaismus in Europa markiert.

Bereits nach Ludwigs Tod beauftragte Papst Gregor X. den königlichen Beichtvater Geoffroy de Beaulieu mit dem Sammeln von Informationen, die als Grundlage für ein Kanonisierungsverfahren dienen sollten. In der zusammengestellten Vita gelangte Beaulieu zu der Auffassung, dass Ludwig als Heiliger anerkannt werden sollte. Er erkannte in dem König einen neuen Josia, der denTempel instandsetzen ließ, die Dirnen verbannte, das Gesetzbuch Mose (Deuteronomium) wiederentdeckt und damit den Bundzu Gott erneuert habe. Weiterhin wies er darauf hin, dass Ludwig, wie einst Josia gegen den Pharao bei Meggido, im Kampf gegen die Feinde Des Glaubens das Martyrium erreicht habe[27]. Unabhängig davon Beauftragte der Papst den Kardinal Simon deBrie, derein Kanzler Ludwigs gewesen war, mit weiteren Ermittlungen in Frankreich.

Nach dem Tod Gregors X. wurde Der Prozess bedingt durch drauffolgende Kurze Pontifikate unterbrochen. Erst nachdem Simon de Brie 1281 als Martin IV. selber zum Papst gewählt wurde, kam eszum entscheidenden Durchbruch. Er ließ von 1282 bis 1283 mehr als dreihundert Zeugen, darunter Philipp III., Karl von Anjou und Joinville, befragen und ließ mehrere durch den König bewirkte Wunder recherchieren, von Denen sechzig aktenkundig gemacht wurden. Der Tod Martins IV. brachte das Verfahren jedoch erneut ins Stocken, doch erreichte Philipp der Schöne bei PapstBonifatius VIII. die Wiederaufnahme. Mit der Veröffentlichung der Bulle „Gloria Laus“ am 11. August 1297 in Orvieto wurde Ludwig heiliggesprochen.

Die Kinder von Ludwig IX. und Margarete der Provence sind:

Blanche (* 4. Dezember 1240; † 29. April 1243),
Isabelle (*2. März 1242; † 27. April 1271 in Hyères),
oo am 6. April 1255 in Melun mit König Theobald II. von Navarra (†  1271, als Theobald V. Graf der Champagne),
Ludwig (* 21. September 1243; † 11. Januar 1260),
Philipp III. der Kühne (* 1. Mai 1245 in Poissy; † 5. Oktober 1285 in Perpignan), späterer König von Frankreich,
Johann (* 1246; † 10. März 1247),
Johann Tristan (* 8. April 1250 in Damiette; † 3. August 1270 vor Tunis), Graf von Nevers und Valois,
Peter (* 1251; † 7. April 1284 in Salerno), Graf von Alençon,
Blanche (* 1253 in Jaffa; † 17. Juni 1320),
oo am 30. November 1268 in Burgos mit Infante Ferdinand de La Cerda (†  1275),
Margarete (* 1255; † 1271),
oo 1270 mit Herzog Johann I. dem Siegreichen von Brabant (†  1294),
Robert (* 1256; († 1275) 7. Februar 1317), Graf von Clermont-en-Beauvaisis, Stammvater des Hauses Bourbon und
Agnes (* 1260; † 19. Dezember 1325 oder 1327 in Lantenay),
oo 1273 mit Herzog Robert II. von Burgund (†  1306).

Quellenangaben

1 http://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_IX._(Frankreich)

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