Johann Christian Friedrich HÖLDERLIN

Johann Christian Friedrich HÖLDERLIN

Eigenschaften

Art Wert Datum Ort Quellenangaben
Name Johann Christian Friedrich HÖLDERLIN [1]
Beruf Dichter

Ereignisse

Art Datum Ort Quellenangaben
Geburt 20. März 1770 Lauffen, Heilbronn, Baden-Württemberg, Germany nach diesem Ort suchen [2]
Tod 7. Juni 1843 Tübingen, Baden-Württemberg, Germany nach diesem Ort suchen [3]

Notizen zu dieser Person

Hölderlin wurde 1770 in Lauffen am Neckar als Sohn des Klosterpflegers Heinrich Friedrich Hölderlin (1736-1772) und dessen Ehefrau, der Pfarrerstochter Johanna Christiana, geborene Heyn (* 8. Juli 1748 in Frauenzimmern; † 17. Februar 1828 in Nürtingen), geboren. Im Alter von zwei Jahren verlor er seinen Vater. Hölderlins Mutter heiratete 1774 Johann Christoph Gok (1748-1779), Weinhändler und später auch Bürgermeister in Nürtingen. Die Familie zog in den sogenannten „Schweizerhof”, ein stattliches Wohnhaus an der Neckarsteige, das die Familie bis 1798 bewohnte. Friedrich und seine Schwester Heinrike (* 15. August 1772) bekamen noch einen Bruder, Karl Gok (* 29. Oktober 1776). Doch auch dieses Glück dauerte nur kurz: Als Hölderlin neun war, starb auch der Stiefvater († 13. März 1779). Im heute Hölderlinhaus genannten Gebäude verbrachte Hölderlin seine Kindheit und Jugend. Dem Wunsch der Mutter nach dem Pfarrersberuf folgend, besuchte Hölderlin die Lateinschule in Nürtingen und dann, nach der Konfirmation, die evangelischen Klosterschulen (Gymnasien) in Denkendorf (Württemberg) und Maulbronn. Während des Studiums an der Universität Tübingen, als Stipendiat im Tübinger Stift, wo u. a. Karl Philipp Conz zu seinen Lehrern zählte, schloss er mit den zukünftigen Philosophen Hegel und Schelling Freundschaft. Darüber hinaus wurde Hölderlin in diesen Jahren sehr von seinem Lehrer Nathanael Köstlin geprägt, den er wie einen Vater verehrte. „Der Mutter Haus“ in der Nürtinger Neckarsteige blieb auch während der Studienjahre Aufenthalt für die Vakanzen und in den darauf folgenden Jahren immer wieder Zufluchtsort für den nach einer Stellung in der Gesellschaft suchenden Hölderlin. Hier schrieb er auch an seinem „Hyperion“, wobei ihn Bruder Karl unterstützte. Hauslehrerjahre Aufgrund der begrenzten Mittel der Familie und seiner Weigerung, eine kirchliche Laufbahn einzuschlagen, war Hölderlin zunächst als Hauslehrer für Kinder wohlhabender Familien tätig. So wurde er 1793/94 Hauslehrer bei Charlotte von Kalb in Waltershausen im Grabfeld. Nach Forschungen unter anderem von Adolf Beck und Ursula Brauer soll er zusammen mit Wilhelmine Kirms, einer Angestellten Charlotte von Kalbs, ein Kind gehabt haben. 1794 besuchte er die Universität Jena, um dort Vorlesungen von Johann Gottlieb Fichte zu hören. Er lernte während dieses Aufenthaltes Johann Wolfgang von Goethe und den von ihm besonders verehrten Friedrich Schiller kennen. Auch machte er die Bekanntschaft Friedrich von Hardenbergs (Novalis) und, im Mai 1794, Isaac von Sinclairs, mit dem zusammen er ab April 1795 ein Gartenhäuschen in Jena bewohnte. Im Mai 1795 verließ er die Universitätsstadt fluchtartig, weil er glaubte, sein großes Vorbild Schiller enttäuscht zu haben, und sich neben ihm nichtig wie ein kleiner Schüler fühlte. Verwirrt und mit Zeichen der Verwahrlosung tauchte er wieder in Nürtingen auf. Stammbucheintrag Hölderlins im Stammbuch des Studenten Johann Camerer, Jena, März 1795 1796 wurde er Hauslehrer der Kinder Jakob Gontards, eines Frankfurter Bankiers. Hier begegnete er dessen Frau Susette, die seine große Liebe wurde. Susette Gontard ist das Modell für die Diotima seines Briefromans Hyperion. Als Gontard von der Beziehung seiner Frau zum Erzieher des Sohnes erfuhr, musste Hölderlin seine Tätigkeit im Haus des Bankiers beenden. Er flüchtete nach Homburg zu seinem Studienfreund Isaac von Sinclair. Hölderlin befand sich in einer schwierigen finanziellen Situation (selbst als gelegentlich einige seiner Gedichte mit Hilfe seines Gönners Schiller veröffentlicht wurden) und war auf die materielle Unterstützung seiner Mutter angewiesen. Schon damals wurde bei ihm das Leiden an einer schweren „Hypochondrie” festgestellt, ein Zustand, der sich nach seinem letzten Treffen mit Susette Gontard 1800 verschlechtern sollte. Im Januar 1801 begab er sich in die Schweiz nach Hauptwil, um die jüngere Schwester von Kaufmann Emanuel von Gonzenbach zu unterrichten. Er blieb drei Monate dort, bis ihm gekündigt wurde und er die Heimreise antreten musste. Anfang 1802 fand er eine Tätigkeit als Hauslehrer der Kinder des Hamburger Konsuls und Weinhändlers Meyer in Bordeaux und reiste zu Fuß dorthin. Nach wenigen Monaten kehrte er aus ungeklärten Gründen zurück nach Württemberg. Gemäß dem Eintrag in seinem Pass überquerte er am 7. Juni 1802 die Rheinbrücke bei Kehl, erreichte Stuttgart aber erst Ende des Monats und in offenbar so verwahrlostem und verwirrtem Zustand, dass Freunde ihn zunächst kaum wiedererkannten. Spätestens hier erreicht ihn auch die Nachricht vom Tod Susettes, die kurz zuvor in Frankfurt an den Röteln verstorben war. Die Ereignisse in diesem Juni 1802 sind historisch unklar und Gegenstand divergierender Interpretationen (so von Adolf Beck, Pierre Bertaux und D. E. Sattler). Hölderlin kehrte zurück zur Mutter nach Nürtingen und stürzte sich in Arbeit, er übersetzte Sophokles und Pindar, nach dessen Vorbild er auch seine eigenen Gesänge (oder Hymnen) konzipierte. Sein Freund, der Hessen-Homburger Regierungschef Sinclair, verschaffte ihm 1804 eine Stelle als Hofbibliothekar; das Gehalt zahlte Sinclair aus eigener Tasche. Für den Homburger Landgrafen Friedrich V. entstand unter anderem der Gesang Patmos; eine Komposition „von überirdischem Maß“ (Fried Lübbecke). Dieser war Teil eines großangelegten Zyklus' vaterländischer Gesänge, von dem das berühmte Homburger Foliobuch zeugt (darin u. a. Entwürfe zu: Der Ister, Griechenland, Die Titanen, Kolomb, Mnemosyne). 1805 wurde mit seinen Nachtgesängen auch das berühmte kurze Gedicht Hälfte des Lebens veröffentlicht. 1806-1843: Die Jahre im Tübinger Turm Im Februar 1805 wurde Sinclair auf Antrag des Kurfürsten Friedrich II. von Württemberg verhaftet und ein Hochverratsprozess gegen ihn angestrengt, der ergebnislos verlief. Die Ermittlungen gegen den angeblich darin verwickelten „württembergischen Untertanen” Hölderlin wurden bald eingestellt, nachdem der Homburger Arzt und Hof-Apotheker Müller in einem Gutachten vom 9. April 1805 berichtete, Hölderlin sei zerrüttet und sein Wahnsinn in Raserei übergegangen. Im August 1806 schrieb Sinclair an Hölderlins Mutter, er könne für seinen Freund nicht mehr sorgen. Am 11. September wurde Hölderlin zuerst unter dem Vorwand, Bücher für die landgräfliche Bibliothek zu kaufen, dann schließlich mit Gewalt von Homburg nach Tübingen in das von Johann Heinrich Ferdinand Autenrieth geleitete Universitätsklinikum geschafft. Spätestens von diesem Zeitpunkt an galt Hölderlin seinen Zeitgenossen als wahnsinnig. Im Tübinger Klinikum erfolgte eine 231tägige, für damalige Verhältnisse als fortschrittlich angesehene (Zwangs-)Behandlung, offenbar unter der autenriethschen Diagnose einer „Manie als Nachkrankheit der Krätze“.[3] Über die genauere Behandlung, mit deren Durchführung Autenrieth den Medizinstudenten Justinus Kerner beauftragte, ist wenig bekannt. Sicher ist jedoch, dass Hölderlin mindestens einmal, vermutlich aber wiederholt vierwöchige Zyklen medikamentöser Behandlungen über sich ergehen lassen musste. Diese provozierten neben möglichen Phasen von Sedierung und Beruhigung insbesondere intensive, sicher schmerzhafte und anhaltende (z.T. blutige) Durchfälle. Aus den ersten Behandlungswochen stammt auch die einzige Überlieferung, welche Einblick in die Behandlungssituation gewährt: „Uhland studiert izt Schelling, und Autenrieth hilft dem gefallenen Titanen Hölderlin laxieren und macht ihm einen bösen Kopf.“ (Brief von Gustav Schoder aus der Krankenstube des Tübinger Klinikums am 3. Oktober 1806 an seinen Freund Immanuel Hoch) [4] Im historischen Rückblick scheint die Behandlung in vielen Phasen eine geradezu traumatische Qualität aufgewiesen zu haben, so dass sie das weitere psychische Befinden Hölderlins sicher nicht verbessert haben wird. [5] Über die genaue medizinische Bestimmung seiner geistigen „Verrückung” wurde insbesondere seit 1900 zwischen Literaturwissenschaftlern und Psychiatern äußerst vehement gestritten. [6] Auch wenn diese Frage in historischem Rückblick niemals sicher geklärt werden kann, ist die von Pierre Bertaux vertretene Auffassung, Hölderlin habe seinen Wahnsinn nur simuliert, in ihrer Vereinfachung aus heutiger Sicht abzulehnen. [7] Insbesondere aber besteht heutzutage Einigkeit, dass auch die genaueste Bestimmung einer medizinischen Diagnose die Frage offen lassen müsste, wie seine späteren und spätesten Gedichte einzuschätzen seien, zumal eine eingehendere Beschäftigung mit dem Spätwerk - entgegen den Stimmen, welche die wachsende Ich-Verleugnung als Symptom "schizophrener Ich-Auflösung" verstehen - Interpretationsansätze erlaubt, die von einem bewussten, sich vom Subjektivismus seiner Zeit distanzierenden "Entichungswillen" ausgehen, der mitunter Merkmale einer parodistischen Abrechnung mit der herkömmlichen Ichlyrik aufscheinen lässt.[8] 1807 kam er, am 3. Mai von Autenrieth als „unheilbar“ und mit der Aussicht auf nur wenige weitere Lebensjahre entlassen, zur Pflege in den Haushalt Ernst Zimmers, eines Tübinger Tischlers und Bewunderers des Hyperion. Hier bewohnte Hölderlin, als Mitglied des Haushalts und mit familiär-fürsorglicher Unterstützung, eine Turmstube oberhalb des Neckars (Hölderlinturm). Zudem bestand eine Vormundschaft durch die Mutter, nach deren Tod 1828 durch den Oberamtspfleger Burk. Hölderlin war finanziell sowohl durch ein privates Erbe als auch durch eine Sonderrente vom württembergischen Hofe abgesichert. [9] Zwar nahm er in den ersten Jahren nach dem Klinikaufenthalt das dichterische Schaffen wieder auf, jedoch zeigten sich häufig starke und länger andauernde Erregungszustände mit nachfolgender Apathie. Seit dem April 1812, wo er eine schwere körperliche Erkrankung unklarer Diagnose durchmachte, wurden die Erregungszustände seltener und milder. Hölderlin dehnte seine soziale und künstlerische Aktivität aus, spielte beispielsweise viel Klavier. Auch nahm er die Korrespondenz mit der Mutter wieder auf, wenn er auch in seinen Briefen eigentümlich formelhaft blieb. Im Jahr 1813 erlebte er die Geburt der Zimmer’schen Tochter Lotte, welche ihn den Rest seines Lebens begleiten sollte. Nachdem sich Hölderlin in den Jahren ab 1816 stärker auf die Hausgemeinschaft zurückgezogen hatte, wurde er, offenbar unter dem Eindruck der Besuche Wilhelm Waiblingers ab 1822 (bis 1826), wieder vermehrt künstlerisch produktiv. Er unternahm mit Waiblinger lange und ausgedehnte Spaziergänge. 1826 erfolgte die Publikation einer ersten Werksammlung durch Gustav Schwab und Ludwig Uhland, jedoch ohne direkte Beteiligung Hölderlins an der Herausgabe des Bandes. Zwischen 1829 und 1837 wurde Hölderlin als „Tübinger Attraktion“ zunehmend Opfer zahlreicher, von ihm nicht selten als störend empfundener Besuche von Fremden und Reisenden. Insbesondere diesen Fremden gegenüber verhielt sich Hölderlin oftmals sehr befremdlich, und in geradezu schauspielerischer Weise „verrückt“. Ansonsten begrenzte er seine Kontakte auf die Hausgemeinschaft, brach den Kontakt mit seiner eigenen Familie ab und widmete sich seiner dichterischen Aktivität, wobei sich seine Gedichte dieser spätesten Jahre durch eine hohe formale Ordnung, eine gewisse Vereinfachung der Themenwahl (bsp. „Jahreszeiten“) sowie einen Verlust des dichterischen „Ich“ auszeichnen. [10] Ab 1837 verwendete er dann auch den Namen „Scardanelli“ (u.a. im dichterischen Schaffen). Nach dem Tod von Ernst Zimmer 1838 übernahm Lotte die Verantwortung der Pflege. Zwischen 1841 und 1843 erfolgten zudem mehrfache Besuche durch Christoph Theodor Schwab. 1843 starb Hölderlin am 7. Juni um Mitternacht bei weitgehender körperlicher Gesundheit. Wilhelm Waiblinger, einem jungen Dichter und Bewunderer, der Hölderlin in den 1820er Jahren wiederholt besuchte, ist nicht nur eine romantische Stilisierung des wahnsinnigen Hölderlin während dieser Zeit zu verdanken, sondern auch die Überlieferung des apokryphen, vielleicht den Gesängen zuzuordnenden Prosatextes In lieblicher Bläue. Als Wahnsinniger tritt Hölderlin auch in Eduard Mörikes Roman Maler Nolten auf; auch Mörike hatte den Dichter in Tübingen besucht. Des Weiteren erscheint Hölderlin als wahnsinniger „Freund Holder“ in Justinus Kerners Reiseschatten. Eine erste Hölderlin-Biographie stammt von Christoph Theodor Schwab, der ihn in den 1840er Jahren mehrfach besuchte. Es wird berichtet, Zimmer habe Aufzeichnungen Hölderlins aus diesen Jahren in großen Mengen vernichtet. Grab Friedrich Hölderlins auf dem Tübinger Stadtfriedhof Das Grab Friedrich Hölderlins ist auf dem Tübinger Stadtfriedhof erhalten; der Grabstein wurde 1844 von Hölderlins Halbbruder, dem Hofdomänenrat, Weinbaufachmann und Altertumsforscher Karl Gok (1776-1849) gesetzt und trägt als Inschrift eine Strophe des Dichters. Werk Als Student war Hölderlin ein Bewunderer der Französischen Revolution von 1789. Die oft kolportierte Anekdote, er habe in seiner Jugend am Tübinger Seminar zusammen mit Hegel, Schelling und anderen Mitgliedern eines „republikanischen Vereins” einen „Baum der Freiheit” errichtet, ist eine hartnäckige Legende, die 1965 von Dieter Henrich widerlegt wurde. Allerdings hatte Hölderlin schon früh Napoleon zum Gegenstand seiner Gedichte gemacht. Hölderlin begann als Nachfolger Schillers und des schwäbischen Klassizismus. Seine frühen Gedichte sind meist gereimte Hymnen an abstrakte Gegenstände (An die Schöhnheit). Später ging er zu den antiken Formen der Ode und der Elegie über. Besonders die Oden sind durch die vollkommene Beherrschung der schwierigen metrischen Form geprägt. Die großen Gedichte seiner reifen Phase sind meist ausgedehnt und sind teils Elegien (Brod und Wein), teils Hymnen in freien Rhythmen (Patmos). Vereinzelt finden sich daneben auch andere Formen, wie der Hexameter-Hymnos Der Archipelagus. Daneben pflegte er auch kürzere Formen in Epigrammen und in kurzen Gedichten (berühmt ist Hälfte des Lebens). Aus den Jahren im Tübinger Turm sind viele gereimte Gedichte überliefert, die lange Zeit nicht als echter Bestandteil seines Werkes betrachtet worden sind. Hölderlins Verständnis der altgriechischen Kultur, wie es sich in seinen Briefen an Casimir Ulrich Boehlendorff und aus seinen Anmerkungen zu den späten Übersetzungen des Sophokles äußert, unterscheidet sich von dem idealistischen Griechenlandbild vieler seiner Zeitgenossen, da Hölderlin die unklassischen Züge der griechischen Kultur betont. Bereits in seinem frühen Briefroman Hyperion stellte Hölderlin seine Vorstellung vom tragischen Schicksal dar, wie er sie sich aus seiner Wahrnehmung der griechischen Kultur gebildet hatte. Wirkung Hölderlins Poesie, die heute unbestritten als ein Höhepunkt der deutschen und abendländischen Literatur gilt, war bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts durch die Ausgabe der 1826 erschienenen Gedichte immerhin unter Schriftstellern nicht unbekannt. Nach 1848 wurde sie weitgehend ignoriert; Hölderlin galt als junger romantischer Melancholiker und bloßer Nachahmer Schillers. Die große Nachwirkung im 20. Jahrhundert setzte mit Stefan George ein; die wissenschaftliche Erschließung begann im Jahr 1910 mit der Dissertation von Norbert von Hellingrath, in welcher der Stil des Hölderlinschen Spätwerks und die Eigenart seiner Übersetzungen aus Pindar erstmals in adäquater Weise beschrieben wurden. Obwohl Hölderlins hymnischer Stil in der deutschen Literatur einmalig geblieben ist, hat seine kürzere und fragmentarischere Lyrik tiefgehenden Einfluss auf die deutsche Poesie von George, Heym, Trakl, Celan, Bachmann und auf viele weitere - von jüngeren Autoren etwa Gerhard Falkner - ausgeübt. Seine patriotischen Gedichte (etwa die Ode Der Tod fürs Vaterland) waren während der Zeit des Nationalsozialismus und der beiden Weltkriege besonders populär. Hölderlins Übersetzungen der beiden Dramen König Ödipus und Antigone von Sophokles fanden nach deren Erscheinen nur geringe, aber begeisterte Aufnahme, so vor allem in Bettina von Arnims Buch „Die Günderode“. Von der Seite der Philologen (vor allem Heinrich Voß, dem Sohn von Johann Heinrich Voß) und auch von Schiller sind dagegen scharf ablehnende Äußerungen überliefert. Erst im 20. Jahrhundert wurde ihre Bedeutung als Modell einer poetischen Übersetzung erkannt (beispielsweise beruht Bertolt Brechts Bearbeitung der Antigone des Sophokles auf Hölderlins Übertragung), welche die Fremdheit des Urtextes sichtbar macht, anstatt sie zu eliminieren. Hölderlins philosophische Bedeutung beruht auf seiner Kritik der Fichteschen Wissenschaftslehre und auf seinem Gegenentwurf, den er in dem zweiseitigen Entwurf Urteil und Seyn niederlegte, der erst im Jahr 1961 veröffentlicht worden ist. Auch die übrigen philosophischen und poetologischen Ausarbeitungen sind fragmentarisch und außerordentlich schwierig. Insbesondere Dieter Henrich hat in umfangreichen Studien Hölderlins philosophischen Ansatz herausgearbeitet und die Diskussionszusammenhänge beschrieben, in denen er sich ausbilden konnte. Hölderlins dominierende Rolle in der philosophischen Gemeinschaft mit Sinclair und Hegel in Frankfurt und Bad Homburg hat zur Ausbildung der Grundgedanken beigetragen, die Hegel schließlich zu seiner Philosophie des Geistes führten. Der gedankliche Gehalt des hymnischen Spätwerks wurde immer wieder zum Anlass philosophischer Auslegungen, so bei Martin Heidegger und Theodor W. Adorno. Darüber hinaus hat sich die seit der Aufklärung als medizinische Disziplin formierende Psychiatrie mit dem Menschen Hölderlin unter psychologischen und psychopathologischen Aspekten beschäftigt. Ausgehend von spärlichen Überlieferungen und geprägt durch die literarisch verarbeiteten Erfahrungen von Zeitzeugen, blieb Hölderlins Wahnsinn bis 1900 eine Randnotiz im psychiatrischen Diskurs.[11] Das Interesse an einer ein-eindeutigen Diagnose ging dabei zunächst nicht von den Psychiatern, sondern vielmehr von Literaturwissenschaftlern aus. Der Germanist Franz Zinkernagel bemühte im Interesse eines Ausschlusses der als „krank“ zu wertenden - und damit für die Gesamtausgabe zu verwerfenden (da „sinnlosen“) - Gedichte den Tübinger Psychiater Robert Eugen Gaupp mit der Frage, den exakten Zeitpunkt des Beginns der Erkrankung zu fixieren. Gaupp wiederum beauftragte seinen Assistenten Wilhelm Eichbaum Lange, der bei Emil Kraepelin zur Dementia praecox (später: Schizophrenie) promoviert hatte.[12] Dieser findet zwar nicht die bis heute verschollene Krankengeschichte, welche Justinus Kerner auf Auftrag Autenrieths geführt haben muss, aber immerhin des Rezeptbüchlein, die bis heute einzige direkte Quelle über Hölderlins Behandlung im Tübinger Klinikum. In seiner 1909 erschienenen Arbeit „Hölderlin“ vertritt er vor dem Hintergrund eines positivistischen Wissenschaftsverständnisses psychiatrischer Krankheitskategorien im Stile Kraepelins die These, dass Hölderlin ab Mai 1801 an einer schizophrenen Erkrankung litt.[13] Sowohl in Langes, als auch in Zinkernagels Ansicht war hiermit die Auffassung verbunden, dass die literarischen Arbeiten Hölderlins ab dem Zeitpunkt seiner schizophrenen Erkrankung als „sinnfrei“ einzuordnen seien. Eine aus heutiger Sicht nicht nur fragwürdige, sondern unzulässige Aussage. Der Sinnhaftigkeit eines solchen Unternehmens widersprach bereits 1915 Norbert von Hellingrath, Herausgeber der ersten historisch-kritischen Ausgabe von Hölderlins Werken. Denn, so sein Argument, die geistigen Produkte eines „Geistesgestörten“ können (auch für Geistesgesunde) durchaus sinnausweisend sein.[14] Ähnlich äußerte sich auch Karl Jaspers mit seinem berühmt gewordenen Ausspruch: „ Es ist unfruchtbar, auf Hölderlin'sche Dichtungen grobe psychopathologische Kategorien anzuwenden.“ [15] Jedoch blieb Jaspers, wie die meisten Psychiater bis in die 80er Jahre hinein, in seiner Thematisierung Hölderlins doppeldeutig. [16] Brisanz gewann die Kontroverse mit der 1978 erschienenen Biographie von Pierre Bertaux. In ihr vertritt er die These, dass der Wahnsinn Hölderlins Ausdruck der ihm drohenden politischen Verfolgung gewesen sei, welche Hölderlin zum Spielen der Verrücktheit gewissermaßen gezwungen hätten.[17] Bertaux's Biographie gewann auch vor dem Hintergrund der in den westlichen Gesellschaften sich abspielenden intensiven kritischen Auseinandersetzung mit der Institution „Psychiatrie“ Popularität. Denn sie transportierte Ansichten der Anti-Psychiatrie, obwohl Bertaux diese nicht explizit vertrat, und damit Hölderlin in die Mitte der kulturellen Debatten. Auch wenn Hölderlin sich sicherlich - hierin anderen Menschen, die an einer schizophrenen Störungen erkrankt sind, vergleichbar - allzu unliebsame Menschen durch ein Übertreiben der eigenen Verrücktheit vom Leib gehalten hat, geht die Leugnung einer schweren psychischen Erkrankung Hölderlins zu weit. Dies zeigt sich beispielhaft in den Nürtinger Pflegschaftsakten, welche eindrucksvolle Briefe von Erich und Lotte Zimmer enthalten. Sie wurden erst in den 90er Jahren entdeckt. [18] Freilich ist generell festzuhalten, dass historisch rückblickende Aussagen mit Hilfe zeithistorischer und handlungsorientierter Ordnungen, wie den jeweiligen psychiatrischen Klassifikationssystemen, grundsätzlich unsicher sind. Es ist überdies aus heutiger psychiatrischer Sicht vollkommen unnötig, eine psychische Störung wie beispielsweise eine Schizophrenie ausschließen zu müssen, nur um annehmen zu können, dass die späten und spätesten Werke Hölderlins sinnvolle und ästhetisch anspruchsvolle Kunstwerke sind.[19] Aktuelle literaturwissenschaftliche Untersuchungen belegen nachdrücklich die hohe Qualität und sinnträchtige Eigenständigkeit seiner späten und spätesten Gedichte. [20] Gedenkstätte zu Ehren von Hölderlin in Lauffen am Neckar, März 2007 Zu Hölderlins Lebzeiten wurde nur ein Bruchteil seines Werkes veröffentlicht, und erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden einige Texte aus der Zeit nach 1800 herausgegeben; zuvor waren vom Spätwerk nur die sogenannten Nachtgesänge bekannt. Die ersten editorischen Bemühungen um die Edition des handschriftlichen Nachlasses unternahm Wilhelm Böhm. Seine Ausgabe wurde abgelöst von den beiden historisch-kritischen Ausgaben von Franz Zinkernagel und Norbert von Hellingrath. Die besonderen Schwierigkeiten, die Hölderlins Handschriften bereiten, führten dazu, dass Friedrich Beißner bereits 1946 einen dritten Versuch einer wissenschaftlichen Ausgabe des Gesamtwerkes unternahm (Stuttgarter Ausgabe). Die zunächst als endgültig angesehene Textgestalt, die Beißner herstellte, wurde in den siebziger Jahren Gegenstand schärfster Kritik von Seiten D. E. Sattlers, der 1975 eine vierte Gesamtausgabe begann (Frankfurter Ausgabe). Deren Herzstück, die Bände 7 und 8 mit den Gesängen, wurde teils begrüßt[21][22] und andererseits von Hölderlinforschern und Editionsphilologen anderer Ausgaben abgelehnt. Der Streit um den Hölderlintext entzweite die Forschung jahrelang und ist bis heute nicht zu einem Ende gekommen. Wegen der unterschiedlichen Entscheidungen, welche die Herausgeber getroffen haben, existiert heute für zahlreiche Werke kein einheitlicher Text. Dies gilt vor allem für die Hymnen und Entwürfe aus dem Homburger Folioheft sowie für die Entwürfe zu dem Drama Der Tod des Empedokles und für viele weitere Gedichte. Von der Stuttgarter Ausgabe leitet sich die kommentierte Leseausgabe von Jochen Schmidt her, von der Frankfurter Ausgabe die Edition von Michael Knaupp. Da auch Schmidt und Knaupp eigenständige Entscheidungen bei der Textherstellung getroffen haben, konkurrieren derzeit also vier Ausgaben mit zum Teil erheblich voneinander abweichenden Texten, so dass selbst der am bloßen Wortlaut interessierte Leser gezwungen ist, auf die in der Frankfurter Ausgabe wiedergegebenen Reproduktionen der Handschriften zurückzugehen. Werke und Ausgaben 1791 Erste Gedichte werden in Gotthold Friedrich Stäudlins Musenalmanach fürs Jahr 1792 veröffentlicht 1797-1800 Der Tod des Empedokles (Fragmente, zu Lebzeiten unveröffentlicht) 1797-1799 Hyperion oder Der Eremit in Griechenland 1804 Trauerspiele des Sophokles (Sophokles - Übertragung) 1826 Gedichte von Friedrich Hölderlin (hrsg. von Ludwig Uhland und Gustav Schwab) Hölderlin-Herausgeber Norbert von Hellingrath Sämtliche Werke. 1846, hrsg. von Christoph Theodor Schwab. Erste Gesamtausgabe.[3] Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe, begonnen durch Norbert von Hellingrath, fortgeführt durch Friedrich Seebass und Ludwig von Pigenot, Berlin 1923 und 1943. Sämtliche Werke, hrsg. von Friedrich Beißner. 8 Bde. Stuttgart, 1946-1985 („Stuttgarter Ausgabe“). Sämtliche Werke und Briefe, hrsg. von Michael Knaupp, 3 Bde., Hanser, München, Wien 1992-1993. Sämtliche Werke und Briefe in drei Bänden, hrsg. von Jochen Schmidt, Deutscher Klassiker Verlag, Frankfurt a. M. 1992 ff. Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe, hrsg. von D. E. Sattler. 20 Bde. und 3 Supplemente. Stroemfeld Verlag, Frankfurt a. M. 1975-2008 („Frankfurter Ausgabe“).[23] Q: Wikipedia

Quellenangaben

1 GEDBAS, WWW.GEDBAS.de
2 GEDBAS, WWW.GEDBAS.de
3 GEDBAS, WWW.GEDBAS.de

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Titel METZIEDER - HEIL - SAAL - HEBERER
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