Notizen zu dieser Person
Bengel studierte von 1703 bis 1706 an der Universität Tübingen als Stipendiat des Evangelischen Stifts zunächst die Septem artes liberales, zu Deutsch Sieben Freie Künste und anschließend Theologie.
Er wurde Stiftsrepetent in einer Zeit, als das Stift stark vom Radikalen Pietismus beeinflusst war. Obwohl Bengel sich nie von der Kirche trennte, sondern dort Karriere machte, hat sich diese Prägung stark ausgewirkt, vor allem in seiner intensiven Beschäftigung mit der Offenbarung des Johannes. Der junge Mann wurde Vikar – unter anderem in Metzingen – und trat nach einer Studienreise nach Halle (Saale) 1713 als Lehrer in das evangelische Kloster Denkendorf (Württemberg) ein.
In Denkendorf beeinflusste er zwei Generationen von Schülern, die als pietistische Pfarrer in Erscheinung traten und eine erhebliche Wirksamkeit innerhalb der Landeskirche entfalteten. 1741 wurde er Prälat von Herbrechtingen, 1749 Abt von Alpirsbach.
Mit Zinzendorf hatte er 18 Jahre lang Streit, wodurch es zu einem Bruch zwischen der Herrnhuter Brüdergemeine[1] und der von Bengel vertretenen Richtung des württembergischen Pietismus kam. In diesem Streit stellte sich Bengel mit seiner klaren systematisierenden Einsicht in den göttlichen Heilsplan gleichsam dogmatisch gegen das dynamische, allem Systematischen abholde ökumenisch-missionarische Streben Zinzendorfs. So schreckte Bengel nicht vor chronologischen Manipulationen historischer Kalendarien zurück, was Zinzendorf gleichsam als abergläubische „zeichen-deuterey“ abtat.
Bengel kam 1747 in den Landtag und wurde 1751 Dr. theol. h. c.
Von den 12 Kindern, die er mit seiner Frau, Johanna Regina Bengel, geb. Seeger, hatte, erreichten sechs das Erwachsenenalter. Ernst Bengel (1735–1793), ein Sohn Johann Albrechts, schlug später ebenso die theologische Laufbahn wie sein Vater ein. Johann Albrecht Bengels Schüler Philipp David Burk (1714–1770) wurde sein Hauslehrer, später sein Schwiegersohn und veröffentlichte ein umfangreiches Buch über die Rechtfertigung.
Bengel gilt als der wichtigste württembergische Pietist des 18. Jahrhunderts und tat sich besonders in der Exegese des Neuen Testaments und seinen chiliastischen Endzeittheorien hervor. Er ist einer der Begründer der Textkritik des Neuen Testaments, da er einen beträchtlichen Teil seiner Forschungsarbeit darauf verwendete, die Lesevarianten zu untersuchen, die durch die verschiedenen Manuskripte überliefert waren. Er kam dabei zu dem in der Textkritik noch immer angewendeten Grundsatz, dass die „schwierigere Lesart der leichteren vorzuziehen sei“.[2] Dieser Grundsatz basiert auf der Erkenntnis, dass wenn Kopisten ihre Texte bewusst veränderten, dies in der Regel passierte, weil sie versuchten, den Text zu verbessern oder zu harmonisieren. Um den älteren und damit möglicherweise originaleren Text erkennen zu können, ist die „schwierigere“ Lesart in der Regel vorzuziehen. Auf Bengel geht außerdem die Methode der Textkritik zurück, die Dokumente in eng miteinander verbundene Gruppen einzuteilen. Damit wird eine Stammlinie von Dokumenten entwickelt.
1734 erschien eine textkritische Ausgabe des Neuen Testaments, wo er an der Verbalinspiration festhielt, welche er mit dem auf Luther („scriptura sui ipsius interpres“[3]) zurückgehenden Satz begründete: „Die Heilige Schrift wird durch nichts sicherer als durch sich selbst ausgelegt“.
1740 erschien die Erklärte Offenbarung Johannis, worin er aus Offb 20 EU in chiliastischer und postmillenaristischer Manier den Beginn des ersten eschatologischen Millenniums (Zeitraums von tausend Jahren) für den 18. Juni 1836 berechnete. Bengel vertrat in der Eschatologie einen Dischiliasmus, d. h. die Auffassung, dass der persönlichen Wiederkunft Christi und dem Jüngsten Gericht ein Zeitraum von zweimal (griech. „dís“) tausend Jahren (vgl. griech. „dischília éte“ = 2000 Jahre) vorausgehen sollte. 1742 veröffentlichte er den lateinischen Gnomon Novi Testamenti, einen um Genauigkeit bemühten Kommentar zum Neuen Testament, der den wahren Sinn des Textes aufschließen, aufzeigen sollte. „Gnomon“ bedeutet „Zeiger“, ursprünglich den Schattenzeiger an der Sonnenuhr; mit dieser emblematisch (sinnbildlich)[4] ausgerichteten Begriffswahl weist Bengel auf sein Interesse an der seiner Ansicht nach chronologisch fassbaren, berechenbaren Heilsgeschichte hin.
Das Albrecht-Bengel-Haus in Tübingen ist ein Studienhaus für pietistisch geprägte Theologiestudentinnen und -studenten, die ihr Studium an der Universität Tübingen in diesem Geist absolvieren wollen. In Bengels Geburtsstadt Winnenden existiert ein Bengelplatz sowie das dort gelegene Café Bengel. Im Kloster Denkendorf wurde in Bengels früherer Amtsstube eine kleine Gedenkstätte, das „Bengelstüble“, eingerichtet. Seit Aufgabe der Landeskirchlichen Fortbildungsstätte stehen die Vitrinen leer. Die Evangelische Kirche in Deutschland erinnert mit einem Gedenktag im Evangelischen Namenkalender am 2. November an Bengel.[5]