Heinrich IV. VON WAIBLINGEN

Heinrich IV. VON WAIBLINGEN

Eigenschaften

Art Wert Datum Ort Quellenangaben
Name Heinrich IV. VON WAIBLINGEN
Beruf römisch-deutscher König

Ereignisse

Art Datum Ort Quellenangaben
Geburt 11. November 1050 Goslar, LK Goslar, Niedersachsen nach diesem Ort suchen
Tod 7. August 1106 Lüttich, Region: Wallonien, BELGIEN nach diesem Ort suchen
Heirat

Ehepartner und Kinder

Heirat Ehepartner Kinder

Bertha VON SAVOYEN

Notizen zu dieser Person

Heinrich IV. (* 11. November 1050 vermutlich in Goslar; † 7. August 1106 in Lüttich) aus der Familie der Salier war der älteste Sohn des Kaisers Heinrich III. und der Kaiserin Agnes. Ab 1053 war er Mitkönig, ab 1056 römisch-deutscher König und von 1084 bis zu seiner durch seinen Sohn Heinrich V. erzwungenen Abdankung am 31. Dezember 1105 Kaiser.

Heinrich war der letzte König des römisch-deutschen Mittelalters, der als Minderjähriger auf den Thron kam. Die Legitimation seiner Herrschaft sah er, wie sein Vater, vor allem im Gottesgnadentum begründet. Dies erschwerte die Zusammenarbeit mitden Großen des Reichs. Bereits in den letzten Regierungsjahren Heinrichs III. hatten Konflikte um die Teilhabe der Fürsten an der Herrschaft zu einer Krise geführt. Die Zeit der Unmündigkeit Heinrichs, als seine Mutter die Regierungsgeschäfte führte, nutzten die um Macht und Einfluss rivalisierenden Fürsten, um ihre eigenen Herrschaftsbereiche auszubauen.

Als Heinrich volljährig geworden war, versuchte er den Einfluss der Fürsten zurückzudrängen und die königlichen Herrschaftsrechte zu stärken. Er stützte sich dabei auch auf die Reichsministerialität, die sich zu einer neuen Funktionselite entwickelte. In Sachsen wollte Heinrich durch den Bau zahlreicher Burgen der königlichen Autorität wieder Geltung verschaffen und löste dadurch den Sachsenkrieg aus. Zeitlich parallel begannen die Auseinandersetzungen mit dem aufstrebenden Reformpapsttum um das Verhältnis zwischen geistlicher (sacerdotium) und weltlicher (regnum) Macht. Sie kulminierten im sogenannten Investiturstreit und führten 1076 zu Absetzung und Exkommunikation des Saliers durch Papst Gregor VII. Der Gang nach Canossa1077, wo sich der König unterwarf und vom Bann gelöst wurde, gilt als Höhepunkt der Auseinandersetzung mit dem Papsttum. Als Reaktion auf die zunehmende Unzufriedenheit der Großen mit der Herrschaft Heinrichs wurden auf Fürstentagen die Gegenkönige Rudolf von Rheinfelden (1077–1080) und Hermann von Salm (1081–1088) gewählt.

Die krisenhaften Wandlungsprozesse in der Zeit Heinrichs IV. schmälerten vor allem die ideellen Grundlagen der Königsherrschaft. Die Vorstellung von einem durch dynastische Kontinuität legitimierten Königtum trat zurück. Das Prinzip der fürstlichen Teilhabe an der Herrschaft im Reich, das durch die Königswahl begründet wurde, und der Idoneitätsgedanke, die Frage nach der Eignung eines Kandidaten, gewannen an Bedeutung. Heinrichs Versuch, die salische Königsgrablege Speyer als Inbegriffdes Zusammenhangs von Herrschaftsanspruch und Königsdynastie zu präsentieren, änderte daran letztlich nichts. Die Auseinandersetzung mit dem Reformpapsttum zeigte, dass der König nicht allein Gott verantwortlich war, sondern durchaus bereits auf Erden gerichtet, ja sogar abgesetzt werden konnte.

Nur wenige Herrscher des Mittelalters wurden von den Zeitgenossen so unterschiedlich beurteilt. Den Anhängern des salischen Königtums galt Heinrich IV. als Repräsentant des allein von Gott verliehenen Herrscheramtes, seinen Gegnern dagegen als Tyrann und als Verkörperung des Bösen schlechthin. In der Forschung wurde er seit dem 19. Jahrhundert oft als Märtyrer im Kampf des Königtums um eine starke Zentralgewalt gegen die übermächtigen Kräfte der gregorianischen Papstkirche und der deutschen Fürsten dargestellt. Die jüngere Forschung urteilt differenzierter, ohne jedoch einen Konsens gefunden zu haben. Die zahlreichen negativen Urteile der Zeitgenossen über Lebens- und Amtsführung des Königs werden unterschiedlich interpretiert, gelten jedoch grundsätzlich als Indikatoren für das in seiner Zeit herrschende politische Klima, das von Auseinandersetzungen geprägt war, die auf grundsätzliche Konfliktlinien zurückgingen.

Heinrichs mutmaßliche Geburtsstätte, die Kaiserpfalz Goslar, heute.

Am 11. November 1050 gebar Agnes von Poitou, die zweite Frau Kaiser Heinrichs III., in der Kaiserpfalz Goslar den lang ersehnten Thronfolger.[1] Die Eltern gaben ihrem Sohn zunächst den Namen des Großvaters, Konrad. Auf einen Thronfolger hatte der Kaiser lange warten müssen, aus seiner Ehe mit Agnes waren mit Adelheid (1045), Gisela (1047) und Mathilde (1048) zunächst drei Töchter hervorgegangen. Bereits am Weihnachtsfest 1050 in Pöhlde ließ Heinrich die anwesenden Großen dem noch ungetauften Sohn die Treue schwören. Am nächsten Osterfest in Köln taufte der Kölner Erzbischof Hermann das Kind auf den Namen Heinrich. Die Wahl des Abtes Hugo von Cluny als Taufpate war Ausdruck der engen Bindung des salischen Herrscherhauses an die religiösen Strömungen dieser Zeit.[2]

Die Regierung Heinrichs III. war von zahlreichen schwerwiegenden und lang andauernden Konflikten mit den Großen des Reiches geprägt. Heinrich beharrte auf der Durchsetzung der königlichen Gewalt und Autorität, die ihn weit über die Fürsten heraushebe. Mit dieser Haltung wich er von der durch clementia, die herrscherliche Milde, geprägten Regierungsweise der Ottonen ab. Bereits unter Heinrich III. zeigten sich Vorboten einer Krise des Herrschaftsmodells. Gegen die selbstherrliche Art und den autokratischen, allein der Verantwortung gegenüber Gott verpflichteten Regierungsstil rebellierten die Großen Konrad von Bayern, Gebhard von Regensburg, Welf von Kärnten und Gottfried der Bärtige. Die zeitgenössische Sichtweise bringt Hermann von Reichenau im Zusammenhang mit dem Aufstand Konrads im Jahr 1053 zum Ausdruck: „Zu dieser Zeit murrten sowohl die Großen des Reiches wie die Geringeren mehr und mehr gegen den Kaiser und klagten, er falle schon längst von der anfänglichenHaltung der Gerechtigkeit, Friedensliebe, Frömmigkeit, Gottesfurcht und vielfältigen Tugenden, in der er täglich hätte Fortschritte machen sollen, allmählich mehr und mehr ab zu Gewinnsucht und einer gewissen Sorglosigkeit und werde bald viel schlechter sein, als er war.“[3] Eine große Verschwörung der süddeutschen Fürsten Welf III. von Kärnten und des 1053 abgesetzten Bayernherzogs Konrad im Jahre 1055 zielte darauf, Heinrich III. Amt und Leben zu rauben und Konrad als Nachfolger einzusetzen. Doch scheiterte der Aufstand, da die beiden Anführer Ende 1055 plötzlich verstarben.

Bereits in den ersten Lebensjahren des Königssohnes wurde in Kreisen der Fürsten die Befürchtung laut, dass dieser „in Charakter und Lebensart in die Fußstapfen des Vaters treten“ werde.[4] Als der Kaiser im Jahr 1053 in der südlich von Mainz auf der rechten Rheinseite gelegenen Königspfalz Trebur seinen Sohn zum Nachfolger im Königsamt wählen ließ, brachten die Großen des Reichs einen in der Geschichte der Königswahl noch nie dagewesenen Vorbehalt zum Ausdruck. Sie wollten dem neuen König nur folgen, „wenn er ein gerechter Herrscher werde“ – si rector iustus futurus esset.[5] Am 17. Juli 1054 salbte der Kölner Erzbischof Hermann den noch nicht vierjährigen Heinrich in Aachen zum König. Auch die zukünftige Heirat leitete Heinrich III. noch in die Wege. Am Weihnachtsfest 1055 wurde der Thronfolger mit der ein Jahr jüngeren Bertha von Turin verlobt. Möglicherweise sollte damit die Familie der Braut zur Loyalität verpflichtet und ein Gegengewicht zu den Markgrafen vonTuszien geschaffen werden, da deren Erbin Beatrix mit Gottfried dem Bärtigen einen hartnäckigen Widersacher Heinrichs III. geheiratet hatte.[6]
Regentschaft der Kaisermutter Agnes

Im Jahr 1056 starb Heinrich III. in der Königspfalz Bodfeld am Harz. Noch auf dem Totenbett sorgte der Kaiser dafür, dass durch eine erneute Wahl die Thronfolge seines Sohnes bestätigt wurde. Mit der Regelung der Nachfolge wurde Papst Viktor II.betraut, der als ehemaliger Kanzler und Bischof von Eichstätt im Reich große Autorität besaß. Der Herrscherwechsel scheint ohne erkennbaren Widerstand vollzogen worden zu sein. Noch in Bodfeld versuchte Viktor die Zustimmung bislang noch oppositioneller Personen zu erreichen. Nach der Bestattung des Kaisers reiste er nach Aachen und setzte das königliche Kind auf den Thron Karls des Großen. Anfang Dezember gelang dem Papst auf einem Hoftag die Aussöhnung mit Gottfried dem Bärtigen. Wenige Wochen später erreichte er zu Weihnachten auf einem Hoftag in Regensburg den Ausgleich mit den Aufständischen in Bayern. Stellvertretend für den minderjährigen König führte seine Mutter Agnes von Poitou die Regierungsgeschäfte. Als Viktor II. im Sommer 1057 starb, verlor die Regentin ihren wichtigsten Helfer. Zugleich riss die Verbindung zu den kirchlichen Reformkräften an der römischen Kurie ab.

Die Sorge um das Schicksal des Reiches ließ die gegensätzlichen Interessen der Fürsten zunächst in den Hintergrund treten, die Herrschaft des minderjährigen Königs war unbestritten. Die Fürsten machten Agnes zahlreiche Zugeständnisse für die Wahrnehmung der Regierungsgeschäfte. Die Kaiserin behielt das Herzogtum Bayern und ihr wurde ein Designationsrecht für den Fall eines vorzeitigen Todes Heinrichs IV. eingeräumt. Der Beginn der Vormundschaftsregierung verlief erfolgversprechend. ImSeptember 1058 gelang Agnes ein Friedensschluss mit dem ungarischen König Andreas. Im Laufe der Zeit schränkten politische Zwänge und persönliche Machtinteressen den Handlungsspielraum der Kaiserin jedoch zunehmend ein.[7] 1057 entführte Rudolfvon Rheinfelden die Kaisertochter Mathilde und erzwang dadurch seine Erhebung zum Herzog von Schwaben. Als Graf Berthold von Zähringen sich dagegen empörte, da der verstorbene Heinrich III. ihm dieses Herzogtum zugesagt hatte, musste ihn Agnes 1061 mit dem frei werdenden Herzogtum Kärnten entschädigen. 1061 übertrug Agnes, wohl als Folge der ungarischen Verwicklungen, das Herzogtum Bayern an den Sachsen Otto von Northeim. Der Verzicht auf die unmittelbare Verfügungsgewalt über die Herzogtümer schmälerte die materielle Basis des Königtums und gab mit den Zähringern, Northeimern und Rheinfeldenern neuen Adelsfamilien die Möglichkeit zum Ausbau der eigenen Herrschaft.

In der Umgebung der Kaiserin nahm der Einfluss der unfreien königlichen Dienstleute, der Ministerialen, zu. Die Erziehung des jungen Königs übernahm der Ministeriale Kuno. Auch andere Ministerialen gewannen an politischem Einfluss. Die Fürsten sahen sich bald nicht mehr in angemessener Weise an der Regierung beteiligt. Als politischen Ratgeber bevorzugte Agnes seit 1058 Bischof Heinrich von Augsburg in besonderem Maße und brachte damit das labile Gefüge adliger Beteiligung an der Königsherrschaft aus dem Gleichgewicht. Einflussreiche Männer wie Erzbischof Anno von Köln oder Erzbischof Siegfried von Mainz sahen sich übergangen. Über die Stellung Heinrichs von Augsburg am Hof und seine enge Beziehung zur Kaiserin kursierten zahlreiche Gerüchte. Nach Lampert von Hersfeld konnte Agnes „dem Verdacht unzüchtiger Liebe nicht entgehen, denn allgemein ging das Gerücht, ein so vertrauliches Verhältnis sei nicht ohne unsittlichen Verkehr erwachsen“.[8] Das Gerede habe die Fürsten geradezu zum Umsturz herausgefordert, „sahen sie doch, daß wegen der persönlichen Liebe zu einem Manne ihr Einfluß, der im Reich am meisten hätte gelten müssen, fast gänzlich ausgeschaltet war“.[9]
Streit der Erzbischöfe um Macht und Einfluss beim König und im Reich
→ Hauptartikel: Staatsstreich von Kaiserswerth
Ruine der Kaiserpfalz in Kaiserswerth
Urkunde Heinrichs IV. von 1062 für Herzog Ordulf von Sachsen. Karlsruhe, Generallandesarchiv
Die Vita Annonis Minor des Kölner Erzbischofs Anno wurde unter Abt Gebhard I. (1173–1185?) im Zuge der Vorbereitungen zur Heiligsprechung Annos verfasst. Die Miniatur auf dem Vorsatzblatt (fol. 1v) zeigt den stehenden Heiligen „Sanctus Anno episcopus Coloniensis“ im bischöflichen Ornat mit Casula und Pallium, umgeben von seinen Kirchengründungen: in den Händen die Stiftskirchen St. Maria ad Gradus (1057) und St. Georg (1067) zu Köln, zu den Füßen die Benediktinerabteien Saalfeld in Thüringen (1063) und Grafschaft im Sauerland (1073), zu Häupten die Benediktinerabtei Siegburg (1064).

Im Frühjahr 1062 fand sich eine Gruppe von weltlichen und geistlichen Großen unter der Führung des Erzbischofs Anno von Köln zusammen, um Bischof Heinrich von Augsburg und Agnes zu entmachten und den König in ihre Gewalt zu bringen. Die Verschwörer, unter denen neben Anno von Köln Herzog Otto von Bayern und Graf Ekbert von Braunschweig namentlich genannt werden, lockten während des Aufenthalts der Kaiserin in der Pfalz Kaiserswerth am Niederrhein den elfjährigen König auf ein Schiff und brachten ihn gegen seinen Willen nach Köln. Durch diese Entführung versuchten die Fürsten ihren Einfluss auf die Reichsgeschäfte wiederherzustellen. Als weitere Motive werden in den Quellen der Wille zur Herrschaft, die Sorge um die Erziehungdes Königs, die Kritik am Regiment der Kaiserin und die Wiederherstellung der Ordnung im Reich genannt.[10] Die Kaiserin entschloss sich daraufhin, der Welt zu entsagen und ein klösterliches Leben zu führen, doch schob sie dieses Vorhaben bis zur Volljährigkeit ihres Sohns auf. Ab dem Jahr 1064 tritt sie wieder regelmäßig als Fürsprecherin in den Urkunden Heinrichs IV. in Erscheinung.[11]

Der Erzbischof von Köln übernahm die Erziehung Heinrichs und die Verfügungsgewalt über den minderjährigen König. Faktisch leitete er damit die Regierung des Reichs. Unter seiner Führung setzte der zielstrebige Ausbau der Kölner Kirche ein. Am 14. Juli 1063 verfügte Anno in einer Urkunde,[12] dass der neunte Teil aller Einkünfte des Reiches und des Königs an die Kölner Kirche zu übertragen sei. Die Jahre der Regierung Annos werteten der ihm wohlgesinnte Chronist Lampert von Hersfeld undandere als goldenes Zeitalter für das Reich.[13] Anno habe Dienst an Kirche und Reich in vorbildlicher Weise miteinander verbunden. Dagegen entwarf Adam von Bremen das Bild eines herrschaftsbesessenen und machthungrigen Fürsten. Der Kölner Erzbischof „wurde sogar des Treubruchs gegenüber dem König beschuldigt. In allen Verschwörungen seiner Zeit war er immer der Drahtzieher“.[14] In diesen Jahren kam erstmals die „Idee einer Handlungsgemeinschaft der Fürsten“[15] auf. Die Sorge für Heinrich IV. sollte nicht wieder allein von einer Person ausgeübt werden, da die Großen für diesen Fall ihren Anspruch auf Teilhabe an der Königsherrschaft bedroht sahen. Daher sollte die Verantwortung für König und Reich dem Bischof übertragen werden, in dessen Diözese sich Heinrich gerade aufhielt. Die in den 1060er Jahren offen zu Tage tretenden Machtkämpfe am Hof dürften primär die Folge der Unmündigkeit Heinrichs gewesen sein;[16] die Zeitgenossen wiesen allerdings auf die Rolle seiner Mutter hin, die „als Frau allzu leicht diesen oder jenen zustimmte, die ihr Ratschläge erteilten“.[17] Die Rangstreitigkeiten erschütterten den Herrschaftsverband nachhaltig, „da jetzt, wo der König noch im Knabenalter stand, jeder ungestraft tun konnte, was ihm in den Sinn kam.“[18]

Auf dem Mainzer Hoftag Ende März 1065 empfing Heinrich die Schwertleite als Zeichen rechtlicher Mündigkeit und politischer Handlungsfähigkeit. Als Schildträger fungierte Gottfried der Bärtige, der langjährige Rivale seines Vaters. Durch diesen demonstrativen Akt versprach er Unterordnung und Loyalität. Wie belastet das Verhältnis Heinrichs zu seinem Erzieher Anno war, zeigte sich unmittelbar nach der Schwertleite. Kaum war die Feierlichkeit beendet, wollte der junge König auf ihn losgehen. Nur mit Mühe konnte ihn seine Mutter zurückhalten.

Gleich zu Beginn seiner selbstständigen Herrschaft machte Heinrich eine Reihe ungewöhnlich umfangreicher Schenkungen. Zwölf Reichsklöster und -stifte (Polling, Malmedy, Benediktbeuern, Limburg an der Haardt, St. Lambrecht, Corvey, Lorsch, Kornelimünster, Vilich, Niederaltaich, Kempten, Rheinau) übertrug er an geistliche und weltliche Fürsten, um seinem herrscherlichen Handeln in einem Beziehungsgefüge, das auf Konsens, Gefolgschaft und Treue basierte, größere Autorität und Geltung zu verschaffen.[19] Durch diese Aktionen griff er aber auch, anders als seine Vorgänger, massiv in die Rechtssicherheit der Klöster ein.

Bereits ab Mitte 1063 hatte der Einfluss des Erzbischofs Adalbert von Hamburg-Bremen zugenommen, der nicht habe „mitansehen können, daß die Leute seinen Herrn und König wie einen Gefangenen umherzerrten“.[20] Adalbert gelang es, das Vertrauen des Königs zu gewinnen, und wurde dessen bevorzugter Ratgeber. Der von Anno vertretenen Konzeption der Fürstenverantwortung wurde nun das Prinzip der Treuebindung zum König entgegengesetzt.[21] Die anderen Großen wurden schon nach einem Jahr von jeder Beratung und Einflussnahme ausgeschlossen und unter Androhung von Gewalt vom Königshof gewiesen. Adalberts Aufstieg ist in den Königsurkunden deutlich ablesbar. Im Juni 1065 wird er in einem Diplom erstmals als patronus des Königs gewürdigtund nahezu das gesamte Jahr ist er in der Umgebung des Herrschers nachweisbar.[22]

Die Bevorzugung des Erzbischofs von Hamburg-Bremen erschütterte das Vertrauen der Fürsten in den jungen König und erregte ihren Hass.[23] Adalbert wurde vorgeworfen, „er habe sich unter dem Vorwand der vertrauten Freundschaft mit dem König eineoffenkundig tyrannische Herrschaft angemaßt.“[24] Die Quellen akzentuieren den angeblich verderblichen Einfluss Adalberts, der nachhaltig die Interessen seiner Bischofskirche verfolgte.[25] Anno von Köln verbündete sich mit den Erzbischöfen Siegfried von Mainz und Gebhard von Salzburg sowie mit den Herzögen Rudolf von Schwaben, Otto von Bayern und Berthold von Kärnten. Im Januar 1066 endete die Sonderstellung des Erzbischofs von Hamburg-Bremen. Die in Trebur versammelten Großen zwangenHeinrich, Adalbert vom Hof zu weisen. Nach dem Bericht Lamperts von Hersfeld war der König vor die Alternative gestellt worden, den Erzbischof zu entlassen oder abzudanken.[26]

Der häufige Wechsel im Einflusskreis am Königshof führte dazu, dass die Umgebung Heinrichs IV. als Ort von Verdächtigungen, Nachstellungen und Verleumdungen wahrgenommen wurde.[27] Anno von Köln veranlasste Heinrich 1066, die ein Jahr jüngere Bertha von Turin zu heiraten, mit der er seit zehn Jahren verlobt war. Schon 1069 bemühte sich Heinrich jedoch um die Trennung von seiner Frau. Der antiheinrizianische Geschichtsschreiber Bruno von Merseburg berichtet, dass der König einen Gesellen angestiftet habe, Bertha zum Ehebruch zu zwingen. Die Königin habe aber die Intrige durchschaut und ihren Gemahl, der Zeuge des Ehebruchs werden wollte, mit Stuhlbeinen und Stöcken so verprügeln lassen, dass er einen Monat das Bett habe hütenmüssen.[28] Heinrich gab auf einer Versammlung in Worms an, dass weder eine zu nahe Verwandtschaft vorliege noch Bertha Ehebruch vorzuhalten sei. Er betonte vielmehr, dass er mit seiner Gemahlin nicht mehr in ehelicher Gemeinschaft leben könne.Damit lieferte er seinen Gegnern Argumente, die ihm nachgesagten sexuellen und moralischen Ausschweifungen propagandistisch zu verwenden.[29] Eine für Oktober 1069 anberaumte Versammlung in Frankfurt sollte die Angelegenheit klären. Papst Alexander II. schickte den hochangesehenen Petrus Damiani, der dem König mit der Exkommunikation und der Verweigerung der Kaiserkrönung drohte. Heinrich lenkte daraufhin ein. Erneut veränderte sich der Kreis der Berater. Adalbert von Hamburg-Bremen gewann wieder an Bedeutung, Anno von Köln und die anderen Fürsten wurden abermals ausgegrenzt.
Die Auseinandersetzung mit Otto von Northeim 1070

Der Einfluss des Erzbischofs Adalbert von Hamburg-Bremen auf den jungen König dürfte dazu geführt haben, dass der Salier seine ersten herrschaftlichen Unternehmungen vor allem gegen die Sachsen richtete.[30] Die Geringschätzung des sächsischen Adels, die Brüskierung hochrangiger Personen und die Bevorzugung Niedriggestellter ebenso wie der Bau von Burgen zur Herrschaftssicherung stießen bereits in der Zeit, in der Adalbert die königliche Politik prägte, auf heftigen Widerstand.[31]

1070 wurde Otto von Northeim, bayerischer Herzog und zugleich einer der angesehensten sächsischen Fürsten, von einem gewissen Egino beschuldigt, die Ermordung des Königs geplant zu haben. Obwohl Egino als übel beleumundeter Straßenräuber galt und ihm nachgesagt wurde, bestochen worden zu sein, bestand Heinrich auf einem Zweikampf zwischen dem beschuldigten Herzog und seinem Ankläger. Lampert von Hersfeld berichtet, dass die Fürsten dies wegen des Standesunterschieds der beiden Protagonisten für unbillig hielten.[32] Heinrichs Verhalten brachte ihm den Vorwurf ein, selbst den Ankläger zur Lüge angestiftet zu haben, um den unbequemen Herzog zu beseitigen.[33] Otto war zwar an der Entführung Heinrichs in Kaiserswerth und auch amSturz Adalberts 1066 maßgeblich beteiligt gewesen, doch hatte er in den letzten Jahren eng mit dem König zusammengearbeitet.[34] Er wies die Vorwürfe zurück und verlangte, die Entscheidung des Königs durch ein Urteil der Fürsten korrigieren zulassen.[35] Heinrich schloss die Fürsten jedoch von der Entscheidung über die Anklage aus und beharrte auf seiner Forderung nach einem Zweikampf. Dies bestärkte Otto von Northeim in seinem Verdacht, dass der König nur an seiner Vernichtung interessiert sei. Er verweigerte deshalb den Zweikampf.[36] Daraufhin erklärten ihn sächsische Große auf Betreiben des Königs am 2. August 1070 zum Majestätsverbrecher und entzogen ihm das bayerische Herzogtum.

Nach gewaltsamen Auseinandersetzungen führte der Einsatz von Vermittlern zur Unterwerfung (deditio) Ottos und seiner Anhänger zu Pfingsten 1071 in Goslar. Der ehemalige Herzog wurde inhaftiert, erhielt im Mai des folgenden Jahres aber Freiheit und Eigenbesitz zurück. Den jungen Billunger Magnus, der Otto unterstützt hatte, ließ der König dagegen weit länger in Haft. Selbst als dessen Vater Ordulf starb und das sächsische Herzogtum damit vakant wurde, wurde er nicht freigelassen. Heinrich wollte Magnus offenbar zwingen, auf die Nachfolge im sächsischen Herzogsamt und auf alle ihm von seinen Eltern „kraft Erbrecht“ (hereditario iure) zustehenden Güter zu verzichten. Im Hintergrund stand wohl das Bemühen des Königs, in Sachsen die erbrechtlichen Bindungen der Ämter zu durchbrechen und den Amtscharakter der Grafschaften durchzusetzen.[37] Nach dem Tod Ordulfs besetzte Heinrich die Lüneburg, den Stammsitz der Billunger, mit schwäbischen Ministerialen. Erst nach der Eroberung der Burg im Verlauf der folgenden Konflikte kam Magnus frei.

Eine unbeschränkte Beugehaft, die erst ihr Ende finden sollte, wenn der Betroffene auf seine gesamte Herrschaftsstellung und sein Erbe verzichtete, hatte es bis dahin nicht gegeben. In der Regel war die – eher symbolisch gemeinte – Haft von kurzer Dauer; Ämter, Lehen und Eigengüter wurden dem sich Unterwerfenden entweder vollständig oder zu einem festgelegten Teil zurückgegeben.[38] Heinrichs unnachgiebiges Verhalten belastete das politische Verhältnis zu den Sachsen dauerhaft und wareine der Ursachen für den Sachsenkrieg.
Die Sachsenkriege (1073–1075)
→ Hauptartikel: Sachsenkrieg (Heinrich IV.)
Darstellung Heinrichs IV. in der Chronik des Ekkehard von Aura um 1112/14 (Cambridge, Corpus Christi College, MS 373, fol. 60r).

Über Vorgeschichte und Verlauf der Sachsenkriege berichten in erster Linie prosächsisch-antikönigliche Historiographen, allen voran Lampert von Hersfeld und Bruno von Merseburg. Heutige Historiker machen strukturell-institutionelle Probleme fürden Ausbruch der Konflikte verantwortlich.[39] Heinrich IV. berief sich auf Herrschaftsrechte, die dem Königtum entfremdet worden seien, und ließ in exponierten Lagen Höhenburgen als königliche Herrschafts- und Verwaltungszentren für das Reichsgut errichten. Sie unterschieden sich grundsätzlich von den bisher üblichen Burganlagen in Sachsen. Besetzt wurden sie größtenteils mit Angehörigen der königlichen Dienstmannschaft, der Ministerialität, die zum größten Teil aus Schwaben stammtenund die ständige Präsenz der Zentralgewalt auch in militärischer Hinsicht sicherten. Das mächtigste Bauwerk war die östlich von Goslar gelegene Harzburg. In der Burgkirche ließ Heinrich seinen wohl im August 1071 verstorbenen Sohn bestatten, sein schon 1055 verstorbener Bruder wurde dorthin überführt. Die Harzburg erhielt somit den Charakter einer zentralen Burgpfalz des Königs. Die bisherige Königsgrablege Speyer spielte in dieser Zeit eine untergeordnete Rolle.[40]

Die verstärkte herrschaftliche Durchdringung des ostsächsischen Raumes, vor allem der Harzregion, stieß auf erbitterten Widerstand der Sachsen. Die Einheimischen mussten Dienstleistungen erbringen – für Fremde, die sogar unfreie Ministerialen waren. Die daraus resultierenden Konflikte mündeten im Vorwurf, Heinrich verletze das Stammesrecht der Sachsen und bedrohe ihre Freiheit. Lange ging die Forschung davon aus, dass der junge salische König mit dieser Politik versucht habe, die in der Übergangszeit von den Ottonen zu den Saliern durch den Adel entfremdeten Güter und Rechte des Königs zurückzugewinnen („Revindikationspolitik“). Neuere Untersuchungen zeigen dagegen, dass in dieser Zeit tatsächlich nur wenig Königsgut verlorengegangen war.[41]

Nach mehreren Beschwerden lud Heinrich 1073 die sächsischen Großen nach Goslar, um gemeinsam über die Streitpunkte zu beraten. Die Sachsen, so berichtet Bruno in seinem Werk über den Sachsenkrieg, seien am festgesetzten Tag vor der Pfalz erschienen, mussten jedoch vergeblich auf Einlass warten. Der Salier habe den Tag lieber mit Würfelspielen verbracht, ungeachtet der Tatsache, „daß er so viele und bedeutende Männer vor seiner Tür warten ließ, als seien sie die niedrigsten Knechte.“[42] Die Sachsen harrten die ganze Nacht aus, bis ihnen schließlich von einem der königlichen Höflinge mitgeteilt wurde, dass der König die Pfalz bereits verlassen habe. Diese unwürdige Behandlung hochrangiger Personen erschien in sächsischer Perspektive als Auslöser für den Krieg.[43]

Die Sachsen trafen sich noch in der Nacht in einer Kirche und schlossen dort eine coniuratio (Schwureinung) mit dem Ziel, lieber den Tod zu erleiden, als diese Schmach zu akzeptieren.[44] Ein anderes Bild bietet eine königsnahe Quelle: Dem von einem Unbekannten verfassten Panegyrikos Carmen de bello saxonico zufolge hatte sich Heinrich so verhalten, wie es einem Herrscher angemessen war. Die Boten habe er empfangen, ihr Anliegen vernommen und ihnen versichert, dass er gerechtfertigte Bitten erhören werde. Die Sachsen hätten sich jedoch schuldig gemacht, da sie den festgesetzten Verhandlungstag negierten.[45] Sicher ist jedenfalls, dass die Verhandlungen in Goslar scheiterten und die Situation eskalierte.[46] Um den Widerstandauf eine breite Grundlage zu stellen, beriefen die Sachsen Ende Juli 1073 einen Stammestag in Hoetensleben ein, auf dem die Beschwerden gegen die Amtsausübung des Königs öffentlich zur Sprache kommen sollten.[47] In einer Rede Ottos von Northeim ist der Burgenbau ein zentraler Vorwurf. Mit dieser Politik habe der König die Vernichtung der sächsischen Freiheiten geplant.[48] Für das Jahr 1074 berichtet Lampert von Hersfeld erstmals von der Absicht, dass nach der Beratung mit den übrigen Reichsfürsten dem höchst bedrohten Reich ein Herrscher gegeben werden solle, mit dem alle einverstanden wären.[49]

Als die Sachsen mit Heeresmacht vor der Harzburg erschienen, sah sich der König nach halbherzigen Verhandlungen zur Flucht gezwungen. In der folgenden Zeit gelang es ihm nicht, die süddeutschen und lothringischen Fürsten gegen die Aufständischenzu mobilisieren, „weil sie erkannten, daß ihr Rat wegen anderer Ratgeber, die beim König ein und aus gingen, nichts mehr galt.“[50] Heinrich musste einlenken. Im Frieden von Gerstungen wurde im Februar 1074 in Anwesenheit von 15 Bischöfen beschlossen, dass er seine Burgen in Sachsen und Thüringen zu zerstören, alle Konfiskationen rückgängig zu machen und das sächsische Recht anzuerkennen habe.

Der Friede von Gerstungen blieb jedoch Episode. Sächsische Bauern erregten sich darüber, dass die Niederlegung der Harzburg auf sich warten ließ, und ergriffen selbst die Initiative. Bei der Zerstörung der Burganlage wurden die Gräber der dort bestatteten Salier geschändet. Der König konnte Rache verlangen, er erhielt dafür nun auch die Unterstützung großer Kreise der Reichsfürsten. Bei seinem Feldzug gegen die sächsischen Aufständischen konnte Heinrich daher ein großes Heer aufbieten.Am 9. Juni 1075 errang er in der Schlacht bei Homburg an der Unstrut einen vollständigen Sieg. Ein zweiter Feldzug im Oktober brachte die Entscheidung. Die Führer des Aufstands, der Erzbischof Werner von Magdeburg, Bischof Burchard von Halberstadt, Otto von Northeim und der Sachsenherzog Magnus Billung, unterwarfen sich. Die sachsenfreundlichen Quellen empfanden es als Vertragsbruch, dass Heinrich den Aufständischen nicht sogleich verzieh, sondern ihre Anführer an weit entfernten Orten inhaftieren ließ.[51] Dies war eine äußerst ungewöhnliche Art der Konfliktbewältigung.[52] Ende des Jahres konnte Heinrich in Goslar das Weihnachtsfest feiern. Es gelang ihm, die dort versammelten Großen eidlich zu verpflichten, keinen anderenals seinen am 12. Februar 1074 geborenen Sohn Konrad zu seinem Nach

Quellenangaben

1 https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_IV._(HRR) https://de.wikipedia.org/wiki/Agnes_von_Waiblingen

Datenbank

Titel Ahnen Jürgen Bosch
Beschreibung Ahnenstamm mit Daten meiner Familie und derer mit denen ich in Verbindung stehe. Sicherlich ist dieser Baum mit Fehlern behaftet, über Hinweiße und rege Diskussionen, würde ich mich sehr freuen. Schreibt einfach, ich werde auf jeden Fall, Antworten.
Hochgeladen 2021-05-27 08:23:33.0
Einsender user's avatar Jürgen Bosch
E-Mail juergenbosch1966@web.de
Zeige alle Personen dieser Datenbank

Kommentare

Ansichten für diese Person